Die EU-Wettbewerbsbehörde hat seit etwa einem Jahr eine umfangreiche Untersuchung gegen Continental und mehrere andere Reifenhersteller eingeleitet. Dabei stehen mögliche Preisabsprachen in den Fokus der Ermittlungen. Am 30. Januar 2024 durchsuchten die Behörden die Standorte von Pirelli, Michelin, Bridgestone, Goodyear und Continental in Hannover im Rahmen dieser Ermittlung, die auch Vergleiche über die Preise von Ersatzreifen für Pkw, Lkw, Lieferwagen und Busse umfasst. Zusätzlich wurden Durchsuchungen bei einer Tochtergesellschaft von Continental in Unterfranken sowie bei zwölf weiteren Unternehmen durchgeführt. Die EU-Behörde ermittelt auch gegen eine Beratungsfirma in zwei Mitgliedsstaaten der EU. Continental selbst kooperiert mit den Ermittlungsbehörden und betont, dass Integrität und Compliance für das Unternehmen von höchster Bedeutung seien.

Die potenziellen Konsequenzen dieser Verfahren könnten bedeutsame Auswirkungen auf die Bilanz von Continental haben. Die Möglichkeit von Bußgeldern ist den Verantwortlichen durchaus bewusst, während sich die offenen Verfahren negativ auf das Vertrauen am Kapitalmarkt auswirken könnten. Continental plant zudem, seine Automotivesparte abzuspalten – die neue Gesellschaft soll überwiegend im Rhein-Main-Gebiet ansässig und börsennotiert werden. Die Unschuldsvermutung gilt bis zum Abschluss aller Ermittlungen, welche sich über mehrere Jahre hinziehen können. In der Zwischenzeit muss Continental Rückstellungen bilden und entsprechende Risiken in seinen Lageberichten ausweisen.

Weitere rechtliche Herausforderungen

Parallel zu diesen Verfahren sieht sich Continental auch mit anderen rechtlichen Herausforderungen konfrontiert. So ermittlen Finanzbehörden in Italien gegen mehrere Tochtergesellschaften des Unternehmens wegen Steuerangelegenheiten auf den Zeitraum von 2016 bis 2023. In der Vergangenheit hatte Continental bereits ein Bußgeld in Höhe von 44 Millionen Euro aufgrund eines rechtswidrigen Informationsaustausches zahlen müssen, was zu Forderungen nach Schadensersatz durch mehrere Unternehmen führte. Auch in Südafrika und Brasilien gibt es noch ungelöste Verfahren wegen wettbewerbswidriger Absprachen.

Ein weiterer bedeutender Aspekt ist die Rückrufaktion von BMW, bei der 1,5 Millionen Fahrzeuge aufgrund fehlerhafter Bremsen zurückgerufen wurden, die von Continental hergestellt wurden. Infolge dieses Rückrufs bildete das Unternehmen Rückstellungen im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Dieser Vorfall wird durch die Anklage gegen vier Ex-Manager von Continental wegen Beihilfe zum Betrug im Zuge des Volkswagen-Dieselskandals weiter kompliziert, in welchem Continental ein Bußgeld in Höhe von 100 Millionen Euro zahlte. Im Gegenzug bekam Vitesco, der Zulieferer, 125 Millionen Euro von Continental überwiesen.

Gesetzgebung und Marktkontrolle

Der rechtliche Rahmen für diese Dinge wird durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Deutschland bestimmt. Dieses Gesetz schützt Unternehmen und Verbraucher vor monopolistischen Praktiken und unfairen Marktverzerrungen, indem es Preisabsprachen und Lieferrestriktionen zwischen Unternehmen verbietet. Das GWB ist die zentrale Norm für das Wettbewerbsrecht in Deutschland und setzt auch Vorgaben der EU um.

Es bestehen strenge regulatorische Maßnahmen zur Bekämpfung von Kartellen, zur Überwachung marktbeherrschender Unternehmen und zur Kontrolle von Unternehmensfusionen. Überschreitungen dieser Regelungen können zu Bußgeldern von bis zu 10 % des Jahresumsatzes führen und auch Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. Unternehmen wie die Pfeiffer HandelsgmbH sind ebenfalls betroffen: Diese erhielt kürzlich eine Geldbuße von 562.500 Euro wegen Preisabsprachen mit verschiedenen Lieferanten. Die Entscheidung des Kartellgerichts wurde am 2. Juli rechtskräftig und zeigt die Strenge, mit der solche Verstöße geahndet werden.

Die aktuellen Entwicklungen sowohl bei Continental als auch bei anderen Unternehmen verdeutlichen die Herausforderungen, mit denen sich der Markt konfrontiert sieht, und unterstreichen die Notwendigkeit eines fairen Wettbewerbs und die Bedeutung gesetzlicher Regelungen.