Am 9. Januar 2025 hat das Landgericht Gera in zwei bedeutenden Fällen von sexualisierter Gewalt Urteile gefällt, die die Öffentlichkeit und die Justiz erschütterten. Ein 32-Jähriger wurde wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung verurteilt, während ein 33-Jähriger und eine 21-Jährige für sexuellen Missbrauch an einem Kleinkind verurteilt wurden.
Der 32-Jährige, der ursprünglich aus der Ukraine stammt und mit seiner Familie nach Deutschland geflohen war, erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten für die Vergewaltigung seiner Ex-Frau sowie zusätzlich ein Jahr und vier Monate für gefährliche Körperverletzung. Diese Strafen sind nacheinander zu verbüßen. Der Angeklagte hatte zunächst die Vergewaltigung abgestritten, gestand jedoch später die Taten über seinen Verteidiger. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Mann bleibt vorerst in Untersuchungshaft. Trotz der schweren Vorwürfe schreibt seine Frau ihm weiterhin Liebesbriefe ins Gefängnis,[tag24] erfährt man.
Sexueller Missbrauch an Kindern
Im zweiten Prozess, der hinter verschlossenen Türen stattfand, wurden ein 33-jähriger Mann und eine 21-jährige Frau verurteilt, die zwischen 2017 und 2020 die Nichte der 21-Jährigen sexuell missbraucht hatten. Zu Beginn der Taten war das Kind gerade einmal zwei Jahre alt. Der 33-Jährige hatte bereits zum Prozessauftakt ein Geständnis abgelegt und gestand zudem, dass er zuvor zwei junge Frauen zum Missbrauch von Babys angestiftet hatte. Das Gericht verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten, gefolgt von einer möglichen Sicherungsverwahrung, da laut dem Vorsitzenden Richter keine Anzeichen für eine Verhaltensänderung zu erkennen seien. Die 21-Jährige wurde zu drei Jahren Haft verurteilt. Auch sie war nicht nur Mitläuferin, wie das Gericht feststellte, sondern aktiv an den Taten beteiligt.[thueringen24]
Die Taten werfen ein grelles Licht auf die alarmierende Situation des sexuellen Missbrauchs an Kindern in Deutschland. Wie bereits in der Polizeilichen Kriminalstatistik dokumentiert, wurden im Jahr 2022 insgesamt 15.520 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch polizeilich gemeldet. Hinzu kommen zehntausende weitere Fälle im Bereich der Kinder- und Jugendpornografie. Ein Teil dieser Taten bleibt jedoch im Dunkelfeld, da viele Geschädigte aus Angst oder Scham keine Anzeige erstatten.[beauftragte-missbrauch]
Steigende Zahlen und Tendenzen
Die Zahl der angezeigten Fälle steigt seit einigen Jahren, was teils auf eine erhöhte Bereitschaft zur Anzeige zurückzuführen ist. Für 2019 wurden 15.701 Kinder als Opfer von sexuellem Missbrauch polizeilich erfasst. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte die tatsächliche Zahl der betroffenen Kinder in Deutschland bei rund einer Million liegen. Die unzureichende Datenlage macht eine präzise Untersuchung der Häufigkeit von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen jedoch schwierig.[beauftragte-missbrauch]
Die Betreiber von Präventionsprogrammen und Aufklärungsinitiativen fordern dringend eine nationale Prävalenzforschung zur Häufigkeit sexueller Gewalt, um besser gegen diese Verbrechen vorgehen zu können. Bislang gibt es in Deutschland keine systematische Erfassung aller Fälle, was eine vollständige Analyse und die Erarbeitung von Strategien zur Bekämpfung von sexuellem Missbrauch erschwert.