Die Gedenkfeier zum fünften Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau, der am 19. Februar 2020 neun unschuldige Menschen mit Migrationshintergrund das Leben kostete, zog erneut die Aufmerksamkeit auf die Themen Rassismus und Antisemitismus. Im Hanauer Congress Park gedachten Politiker und Hinterbliebene der Ermordeten, darunter Kaloyan Velkov, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu und viele andere. Der Täter, ein 43-jähriger Deutscher, hatte zuvor aus rassistischen Motiven zugeschlagen und schließlich seine Mutter sowie sich selbst getötet. Diese Tragödie wurde von Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) als Anstoß betrachtet, um das Gedenken an die Opfer auch in der Zukunft aufrechtzuerhalten.

Kaminsky kündigte an, dass es weiterhin Gedenkveranstaltungen bis zum zehnten Jahrestag geben wird. Dabei wird das Format kleiner gehalten, was der Oberbürgermeister jedoch als nicht reaktive Maßnahme auf die Kritik von Emis Gürbüz, der Mutter eines der Ermordeten, bezeichnete. Gürbüz hatte bei der Gedenkfeier Vorwürfe erhoben, dass Spenden und Zuschüsse missbraucht wurden. Obwohl eine juristische Prüfung die Möglichkeit eines Verleumdungsverfahrens ergab, entschied sich Kaminsky, nicht rechtlich gegen Gürbüz vorzugehen. Er äußerte Verständnis für die „zornige, wütende Ohnmacht“ der Hinterbliebenen, betonte jedoch die Notwendigkeit, zwischen Vorwürfen und strafrechtlichen Unterstellungen zu unterscheiden.

Kritik und Maßnahmen

Boris Rhein, der hessische Ministerpräsident (CDU), hob während der Gedenkveranstaltung die Dringlichkeit hervor, Gewalt und Hass aktiv zu bekämpfen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), der ebenfalls an der Feier teilnahm, bezeichnete den Anschlag als Angriff auf das friedliche Zusammenleben in Deutschland. Eltern des ermordeten Hamza Kurtović blieben der Veranstaltung fern, um ihre Kritik an der Politik und deren Verantwortung deutlich zu machen. Sie forderten Entschuldigungen und eine angemessene Würdigung der Opfer durch ein Denkmal.

Neben den offiziellen Reden kam es auch zu emotionalen Äußerungen der Angehörigen. Emis Gürbüz nannte die Geschehnisse einen „Schandfleck“ und wies auf die fehlende Verantwortung der Politik hin. Ihr Bruder, Çetin Gültekin, hinterfragte die Erfüllung der „Bringschuld“ des Staates. Angesichts der Bitterkeit über die unzureichende Auseinandersetzung mit den Taten forderte Serpil Temiz Unvar, die Mutter von Ferhat Unvar, ein vereintes Vorgehen gegen Extremismus und Radikalismus.

Erinnerungskultur und deren Bedeutung

Der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar zeigt, dass das Gedenken an alle Opfer von Diskriminierung und Gewalt in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung ist. Dies umfasst nicht nur jüdische Menschen, sondern auch Sinti*zze, Rom*nja, Menschen mit Behinderungen und Angehörige von Minderheiten. Das Deutsche Institut für Menschenrechte hebt hervor, dass historisch-politische Bildung und Gedenkorte unverändert wichtig sind, um den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus zu stärken. Die aktuelle Diskussion zeigt, dass Erinnerung und Engagement gegen solche negativen Strömungen untrennbar miteinander verbunden sind.

Oberbürgermeister Kaminsky kündigte unterdessen an, substantielle Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass und Intoleranz einzuleiten. Die Gedenkveranstaltung in Hanau wurde von weiteren Trauerkundgebungen und Gebeten an den Gräbern der Opfer begleitet, und Blumen- sowie Kranzniederlegungen sind auch in den Heimatländern der Opfer in Bulgarien, Rumänien und der Türkei eingerichtet worden.

Die erinnerte Kultur wird so zu einem Instrument, um das gemeinsame Verständnis und die Dialogbereitschaft zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen zu fördern. Eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung muss in den Alltag integriert werden, um zu verhindern, dass sich ähnliche Gewalttaten wie in Hanau wiederholen.