Friedrich Merz hat Brüssel für seine erste Auslandsreise als CDU-Chef gewählt, was auf Spekulationen über seine zukünftige Europapolitik nach der Bundestagswahl hinweist. Der von der EU geplante Migrationspakt soll ab Juni 2026 in Kraft treten und zielt darauf ab, die Zahl der Neuankömmlinge zu minimieren, Asylverfahren zu beschleunigen und an die Außengrenzen zu verlagern. Zudem strebt die EU eine gerechte Verteilung der Migrationslasten in Europa an, wie Weser-Kurier berichtet.

Die Reaktion auf Merz‘ Politik ist gemischt. Damian Boeselager, Europaabgeordneter von Volt, kritisierte Merz für die besondere Rolle Deutschlands und den Missbrauch europäischer Gesetze. Historisch gesehen hatte Deutschland einen restriktiveren Migrationskurs in Europa verhangen und hat im Jahr 2024 eine Einigung blockiert, die humanitäre Zugeständnisse einbeziehen sollte.

Kritik an den Migrationsplänen

Ähnlich wie Anna Słojewska von der Deloitte-Politikanalyse erwartet, könnte Deutschland unter Merz eine stärkere Haltung gegenüber Einwanderern einnehmen, die mit der strikteren Linie vieler europäischer Länder übereinstimmt. Die EU erörtert „innovative Lösungen“ zur Bearbeitung von Asylanträgen außerhalb ihrer Grenzen, ein Ansatz, der von Merz unterstützt wird. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat kürzlich ein Abkommen mit Albanien unterzeichnet, um Asylverfahren in albanischen Lagern durchzuführen. Politische Stimmen fordern zudem eine Auslagerung von Asylverfahren nach Afrika, beispielsweise nach Ruanda.

Weitere signifikante Veränderungen kommen aus Polen, wo die Regierung das Asylrecht teilweise aussetzte, um auf die vermeintliche Verwendung von Migranten durch Russland zu reagieren. Auch Finnland und die Niederlande haben angekündigt, ihr Asylrecht zu verschärfen, was die Diskussion über Asylrecht innerhalb der EU weiter anheizt. Die EU-Kommission zeigt jedoch Zurückhaltung gegenüber Merz‘ Ankündigung eines „faktischen Aufnahmestopps“ für Asylbewerber aus anderen EU-Staaten.

Juristische Bedenken und Migrationsrecht

Die Union hat Pläne für eine schärfere Migrationspolitik skizziert, die derzeit juristisch geprüft werden. Experten für Migrationsrecht bringen Bedenken zur Vereinbarkeit dieser Pläne mit EU-Gesetzen und der Genfer Flüchtlingskonvention vor. Während einige Juristen die Vorschläge als nicht gewagt erachten, warnen andere vor einem möglichen Verstoß gegen europäisches Recht. Professor Jürgen Bast äußert, dass dauerhafte Grenzkontrollen an deutschen Grenzen unzulässig wären und kritisiert die Ignoranz der CDU-Vorschläge gegenüber der europäischen Regelungsebene.

Die rechtlichen Herausforderungen sind groß. So könnte die Forderung nach einem Einreiseverbot für Personen ohne gültige Dokumente, selbst wenn sie Schutz suchen, gegen grundlegende Prinzipien des Asylrechts verstoßen. Thomas Oberhäuser, Vorsitzender des Ausschusses für Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein, betont, dass ein Asylverfahren durchgeführt werden muss, sobald jemand an der Grenze für sich Schutz beansprucht.

Reform des Europäischen Asylsystems

Vor diesem Hintergrund ist es bedeutsam, dass im Dezember 2023 eine umfassende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) vereinbart wurde. Diese Reform, die als die weitreichendste der letzten Jahrzehnte gilt, zielt darauf ab, ein einheitlicheres Vorgehen in der Migrationspolitik zu erreichen. Die Kerninhalte beinhalten die Registrierung von allen Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen und eine schnellere Entscheidung über Asylanträge innerhalb von zwölf Wochen.

Besonders wichtig ist die Einführung eines Solidaritätsmechanismus zur Entlastung von Ländern mit einer hohen Zahl an Schutzsuchenden, wie auf bpb.de hervorgehoben wird. Diese Reform umfasst auch die Erweiterung der Eurodac-Datenbank, um biometrische Daten zu erfassen und sieht Maßnahmen vor, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, einfacher und effizienter auf Migrationsströme zu reagieren.

Die Debatten um Merz und die EU-Politik zum Thema Migration spitzen sich zu und zeigen die künftigen Herausforderungen für Deutschland und die gesamte EU auf, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung gemeinsamer Werte und Grundsätze des Asylrechts.