Der Flugverkehrsstandort Deutschland sieht sich zunehmenden Herausforderungen gegenüber. Laut dem Merkur wird das Land als zu teuer betrachtet, was das Wachstum der Branche erheblich hemmt. Hohe Gebühren und Steuern führen zu einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Jens Bischof, äußerte in diesem Zusammenhang, dass Deutschland den Anschluss an andere europäische Länder zu verlieren drohe.

Die staatlich veranlassten Kosten für den Luftverkehr haben sich in den letzten fünf Jahren auf jährlich 4,5 Milliarden Euro verdoppelt. Eine Analyse ergab, dass die Kosten allein im vergangenen Jahr um fast 1,2 Milliarden Euro gestiegen sind, wovon 30 Euro eines typischen Ticketpreises auf regulatorische Vorgaben entfallen. Zu den Hauptursachen zählen die Erhöhung der Luftverkehrssteuer, steigende Gebühren für Flugsicherung und Sicherheitskontrollen sowie die EU-weite Pflicht zur Beimischung von klimafreundlichem Flugbenzin. Rund 500 Millionen Euro entfallen allein auf diese Maßnahme.

Wettbewerbsdruck und Passagierzahlen

Die steigenden Kosten haben direkt Auswirkungen auf die Wachstumspläne deutscher Fluggesellschaften. Mehrere Airlines reduzieren ihr Angebot oder ziehen sich aus dem deutschen Markt zurück. Der BDL warnt, dass diese Trends dazu führen könnten, dass die Passagierzahlen an deutschen Flughäfen im Jahr 2024 nur um 8,7 % auf knapp 212 Millionen steigen werden, was rund 85 % des Vorkrisenniveaus von 2019 entspricht. Im Vergleich dazu verzeichnet der Rest Europas, ohne Deutschland, ein Übertreffen des Vorkrisenniveaus um 104 %.

Besonders dramatisch ist die Situation bei den Inlandsflügen, deren Zahl sich inzwischen auf die Hälfte des Niveaus von 2019 reduziert hat. Der Flughafen Düsseldorf, ein wichtiger Knotenpunkt, hat gar 70 % seiner Langstreckenflüge verloren. Dies lässt die Marktzugangsbedingungen für Privat- und Geschäftsreisende weiter erschweren und führt zu höheren Reiseaufwendungen.

Politische Forderungen und nachhaltige Brennstoffe

Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer des Flughafenverbands ADV, fordert klare politische Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Ein zentrales Anliegen ist die Abschaffung oder Reduzierung der Luftverkehrsteuer, die seit 2011 mehrfach erhöht wurde und viele Airlines dazu veranlasst, deutsche Flughäfen zu meiden. Im Vergleich dazu verzeichnen Länder wie Griechenland, die Türkei und Polen Verkehrszuwächse von bis zu 18 % im Vergleich zu 2019, dank geringerer staatlicher Abgaben und attraktiven Rahmenbedingungen.

In einem anderen Kontext zeigt eine Studie von PwC, dass nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) in den kommenden Jahren möglicherweise kostengünstiger werden können, als häufig angenommen. Im besten Fall könnte der Kostenaufschlag für SAF bis 2040 9 % pro Tonne betragen. Dennoch wäre auf Langstreckenflügen der Aufschlag bis 2038 auf etwa 6 % pro Flug zu erwarten, was vor allem Niedrigkostenfluggesellschaften (LCC) doppelt so stark treffen könnte wie traditionelle Airlines.

Die Diskussion um SAF und die Notwendigkeit einer Kostenanpassung ist entscheidend, um den Wettbewerbsvorteil der europäischen Airlines gegenüber ausländischen Anbietern zu wahren. Sollte es jedoch an politischem Willen fehlen, Deutschland weiter als die teuersten Luftverkehrsstandorte Europas zu positionieren, droht eine dauerhaft negative Entwicklung für die heimische Luftfahrtbranche, die sich möglicherweise erst 2029 auf das Passagieraufkommen von 2019 zurückentwickeln könnte, wie prognostiziert wird.