Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verhandelt aktuell über die umstrittene Einstufung von Herkunftsländern von Asylbewerbern als sicher. Im Mittelpunkt steht das „Albanien-Modell“ der italienischen Regierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, das darauf abzielt, Asylverfahren zu beschleunigen und gleichzeitig die Einreise von Geflüchteten in die EU zu reduzieren. Ein zentrales Anliegen dieser Verhandlungen ist die Frage, ob und unter welchen Bedingungen über Asylanträge in Lagern außerhalb des EU-Gebietes entschieden werden kann. Die mündliche Verhandlung begann am Dienstag und das Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Diese Entscheidungen werden in Italien und anderen EU-Staaten mit großer Spannung verfolgt, da sie weitreichende Auswirkungen auf das Asylsystem in Europa haben könnten. Tagesschau berichtet, dass Italien plant, Asylanträge innerhalb von 28 Tagen zu entscheiden, ohne dass die Geflüchteten EU-Boden betreten müssen.

Um dieses Modell umzusetzen, werden Geflüchtete auf dem Mittelmeer von italienischen Grenzschützern abgefangen und auf einem Schiff geprüft. Greift hierbei das Schnellverfahren, dürfen nur solche Asylanträge bearbeitet werden, die von Personen aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ stammen. Bislang hat Italien Bangladesch und Ägypten als sichere Herkunftsländer eingestuft, eine Handlung, die von einem Gericht in Rom angezweifelt wurde. Das römische Gericht hat den EuGH involviert, um zu klären, ob diese Einstufungen rechtlich haltbar sind. DW hebt hervor, dass die Lager in Albanien, die für erwachsene Männer aus den sicheren Drittstaaten vorgesehen sind, seit ihrer Eröffnung im Oktober praktisch immer leer geblieben sind. Bisher mussten alle 66 Männer, die in Albanien festgesetzt wurden, nach Italien zurückgebracht werden, da das Modell nicht funktionierte.

Herausforderungen des „Albanien-Modells“

Das „Albanien-Modell“ steht auch in der Kritik, da es primär junge, gesunde Männer aus Bangladesch und Ägypten anvisiert. Diese werden nach Albanien gebracht, wo im Schnellverfahren über ihre Asylanträge entschieden werden soll. Bei einem erfolgreichen Antrag dürfen sie nach Italien einreisen, andernfalls erfolgt die Rückkehr in ihr Heimatland. Rechtsanwalt Dario Belluccio fordert eine klare Entscheidung des EuGH über ein einheitliches Asylsystem innerhalb der EU. In Deutschland hingegen betrachtet die Bundesregierung die Einstufung eines Herkunftslandes als sicher nur für alle Personengruppen als rechtlich zulässig.

Wiebke Judith von PRO ASYL äußert Bedenken, dass das Albanien-Modell trotz einer möglichen Ablehnung durch den EuGH fortgeführt werden könnte. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH die Rolle nationaler Gerichte in diesem Prozess beurteilen wird, während bereits 19 Länder von Italien als sichere Herkunftsländer anerkannt wurden, während in Deutschland nur zehn Länder auf dieser Liste stehen.

Rechtliche Rahmenbedingungen in der EU

Laut der EU sind die umfassenden Schutzmechanismen für Asylbewerber im Asylrecht und den Grundrechten verankert, um Personen, die vor Verfolgung und ernsthaften Bedrohungen fliehen, zu schützen. Das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 legt wesentliche Kriterien fest, die EU-Mitgliedstaaten einhalten müssen, um berechtigten Personen Asyl zu gewähren. In der EU gibt es Vorschriften, die einen „subsidiären Schutz“ für Personen vorsehen, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, aber dennoch ernsthaft gefährdet sind. Dies schützt vor Rückführungen in Länder, in denen Gefahr von Tod, Folter oder unmenschlicher Behandlung besteht. Europa-Parlament hebt hervor, dass der EU-Haushalt auch vorübergehenden Schutz bei Massenzustrom von Vertriebenen bietet, wie es nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 durchgeführt wurde.

Die Entscheidungen des EuGH werden entscheidend dafür sein, wie sich die europäische Asylpolitik in Zukunft gestalten wird und ob alternative Ansätze wie das Albanien-Modell eine Grundlage für die Asylverfahren der kommenden Jahre bilden werden. Die Entwicklungen in diesem Fall könnten nicht nur Italien, sondern die gesamte EU betreffen und das Maß für die Verantwortung der europäischen Staaten im Umgang mit Migranten und Flüchtlingen setzen.