Das EU-Parlament wird am Nachmittag eine wegweisende Entscheidung über die Asylreform treffen, die nach langjährigen Auseinandersetzungen als einer der bedeutendsten EU-Reformen betrachtet wird. Die Abstimmung wird voraussichtlich knapp ausfallen. Nach der grundsätzlichen Einigung zwischen den Mitgliedsländern und dem EU-Parlament über den Asyl- und Migrationspakt kurz vor Weihnachten, müssen nun die neuen Regeln vom Parlament verabschiedet werden. Es wird erwartet, dass die Mitgliedsländer bis zu zwei Jahre Zeit haben werden, um die neuen Vorgaben umzusetzen.
Der Hauptzweck des Pakts besteht darin, die Migration nach Europa besser zu steuern. Personen, die kaum Chancen auf einen Aufenthaltsstatus haben, sollen schneller von der EU-Außengrenze abgeschoben werden. Es sind verbindliche Grenzverfahren geplant, die in der Regel innerhalb von zwölf Wochen abgeschlossen sein sollten. Unbegleitete Minderjährige sind von diesen Verfahren ausgeschlossen. Zudem sollen Erstaufnahmeländer wie Italien und Griechenland stärker entlastet werden, indem im Falle einer hohen Zahl an Ankünften die Solidarität der anderen Mitgliedsstaaten gefordert wird.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Reform ist die geplante Umverteilung von bis zu 30.000 Menschen innerhalb der EU pro Jahr. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen möchten, sollen anderweitig helfen, beispielsweise durch finanzielle Unterstützung. Es wird der Grundsatz festgelegt, dass je größer die Notlage, desto größer der zu leistende Solidaritätsbeitrag sein muss. Die EU-Kommission wird die Details zu diesem Mechanismus noch ausarbeiten.
Obwohl die Mehrheit der Reform voraussichtlich über das Parlament gehen wird, bleiben einige Teile weiterhin umstritten. Eine knappe Entscheidung wird erwartet, wobei vor allem Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberale eine Mehrheit bilden dürften. Die Grünen haben Bedenken hinsichtlich einiger Aspekte der Reform geäußert, da sie ihrer Meinung nach zu Verschärfungen im Asylrecht führen könnte und keine gerechtere Verteilung oder schnellere Integration der Schutzsuchenden in Europa fördere. Infolgedessen wird die Abstimmung entscheidend sein, da das Platzen des Asyl- und Migrationspakts im Europawahlkampf Rechtspopulisten zugutekommen könnte.
Die EU-Asylagentur prognostiziert, dass die Anzahl der Asylanträge auch in diesem Jahr auf einem hohen Niveau bleiben wird, wobei Deutschland weiterhin das Hauptzielland ist. Die Entscheidung des EU-Parlaments am Nachmittag wird somit von großer Bedeutung sein, da sie die Zukunft der Asyl- und Migrationspolitik in der EU maßgeblich beeinflussen wird.