Das Ethikkomitee der Kliniken im Landkreis Diepholz plant für den 22. März 2025 einen bedeutenden Ethiktag im Twistringer Rathaus, der sich mit dem heiklen Thema „assistierter Suizid“ befassen wird. Dieses Komitee berät bereits seit 16 Jahren zu moralisch sensiblen Themen im Krankenhaus und beinhaltet auch die Möglichkeit, innerhalb von 48 Stunden eine „ethische Fallbesprechung“ einzuberufen, um komplizierte Fälle aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Organisiert wird die Veranstaltung von Valentin Wieczorek und Anna-Dela Husmann, die darauf abzielen, die öffentliche Diskussion über Sterbehilfe anzuregen, ohne diese dabei direkt zu propagieren. Professorin Dr. Ute Lewitzka von der Goethe-Universität Frankfurt wird als Referentin auftreten und Themen wie Suizidprävention und Sterbeassistenz ansprechen, was die Relevanz des Ethiktags unterstreicht.

Assistierter Suizid ist in Deutschland seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020 nicht mehr strafbar, was eine grundlegende Veränderung des rechtlichen Rahmens darstellt. Dennoch bleibt die aktive Sterbehilfe illegal. Diese Grauzone führt zu einer Verunsicherung, die auch in den aktuellen gesetzlichen Regelungen spürbar ist. Der Bundestag scheiterte in der Vergangenheit an Einigungen über eine einheitliche Gesetzesregelung zur Sterbehilfe, was die Behandlung solcher Fälle erschwert und die Unterstützung von Sterbewillenden komplex gestaltet. Laut einem Bericht von tagesschau.de haben über 400 Menschen im Jahr 2023 in Deutschland assistierten Suizid in Anspruch genommen.

Die Herausforderungen für Mediziner

Die rechtlichen Vorgaben in Deutschland verlangen, dass die Entscheidung für assistierten Suizid frei und autonom erfolgt. Voraussetzung dafür sind vier Kriterien, die die Freiverantwortlichkeit des Suizidwilligen überprüfen. Dazu zählt die Fähigkeit zur freien Willensbildung ohne akuten psychischen Einfluss sowie der Zugang zu Informationen über Alternativen. Psychiater Thomas Pollmächer fordert ein standardisiertes Verfahren zur Beurteilung dieser Freiverantwortlichkeit, da insbesondere psychische Erkrankungen oft Schwierigkeiten in der Entscheidungsfindung mit sich bringen können.

In den letzten Jahren gab es außerdem Fälle, in denen Ärzte wegen Totschlags verurteilt wurden, da die Suizidenten aufgrund psychischer Erkrankungen nicht als freiverantwortlich angesehen wurden. Diese Ereignisse verdeutlichen die Komplexität und die Risiken, die Mediziner eingehen, wenn sie in solche Prozesse involviert werden. Derzeit gibt es jedoch keine klaren gesetzlichen Verfahren, um die Freiverantwortlichkeit zu bewerten, was eine angespannte Situation für die medizinische Gemeinschaft darstellt.

Ausblick auf zukünftige Regelungen

Die Bundesärztekammer ist der Ansicht, dass die Unterstützung beim Suizid nicht zu den zentralen ärztlichen Aufgaben zählen sollte. Dennoch beschäftigen sich zahlreiche medizinethische Diskussionen mit der Notwendigkeit weiterer gesetzlicher Regelungen. Während einige Experten eine gesetzliche Neuregelung für überflüssig halten, argumentieren andere, dass ohne solch eine Regelung die Freiwilligkeit und die Optionen der Patienten nicht ausreichend berücksichtigt werden können. Geplant ist, dass Abgeordnete in der nächsten Wahlperiode an der Ausarbeitung einer gesetzlichen Regelung zur Suizidassistenz arbeiten, um größere Klarheit in diese Thematik zu bringen.

Diese Entwicklungen zeigen, wie sehr die Gesellschaft noch über Fragen rund um Leben und Sterben nachdenken muss. Die anstehende Veranstaltung des Ethikkomitees könnte ein bedeutender Schritt in diese Richtung sein, bleibt jedoch inmitten der bestehenden Unsicherheiten und Herausforderungen ein delikates Thema.