Professorin Liselotte Mettler, eine der Pionierinnen der Reproduktionsmedizin in Deutschland, wurde kürzlich mit dem Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die Auszeichnung, die von Schleswig-Holsteins Ministerpräsidenten Daniel Günther überreicht wurde, würdigt ihre herausragenden Beiträge zur gynäkologischen endoskopischen Chirurgie und Reproduktionsmedizin über mehr als sechs Jahrzehnte. Im Alter von 85 Jahren blickt Mettler auf eine beeindruckende Karriere zurück, die 1982 ihren Höhepunkt fand, als sie in Kiel das erste „Retortenbaby“ zur Welt brachte – das zweite in Deutschland, das durch künstliche Befruchtung geboren wurde. Ihre Expertise in diesem Bereich erlernte sie bei dem Nobelpreisträger Robert Edwards.
Seit den 1950er-Jahren hat Mettler die Entwicklung der Reproduktionsmedizin maßgeblich beeinflusst und war häufig die einzige Frau unter den Assistenzärzten. Trotz vieler Hindernisse, einschließlich diskriminierender Fragen zu ihrem Familienstand bei Bewerbungen, gelang es ihr, eine erfolgreiche Karriere aufzubauen. Ihre Habilitation zur künstlichen Befruchtung reichte sie 1976 extern ein, um Verzögerungen zu vermeiden. Mettler ist nicht nur eine führende Figur in der Wissenschaft, sondern auch Mutter von drei Söhnen und war von 1981 bis 2007 stellvertretende Direktorin der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsklinik Kiel.
Die Bedeutung der Reproduktionsmedizin
Die Reproduktionsmedizin befasst sich mit der Behandlung von Fertilitätsstörungen und der Unterstützung ungewollt kinderloser Paare. Sie umfasst verschiedene interdisziplinäre Ansätze, die Gynäkologie, Andrologie, Urologie und Genetik integrieren. Mettlers Arbeiten haben die Bekanntheit und Akzeptanz dieser medizinischen Disziplin erheblich gefördert. Laut dem Leading Medicine Guide ist es das Ziel der Reproduktionsmedizin, die Ursachen der Unfruchtbarkeit zu identifizieren und geeignete Behandlungen einzuleiten. Im Jahr 2023 wurden in Deutschland 131.000 Behandlungszyklen in der Kinderwunschbehandlung registriert.
Häufige Ursachen für Kinderlosigkeit können sowohl auf Seiten der Frau als auch des Mannes liegen. Die Diagnostik erfolgt in mehreren Schritten, von der Anamnese über spezifische Untersuchungen bis hin zu modernen Verfahren der künstlichen Befruchtung, die von spezialisierten Kliniken angeboten werden. Dazu gehören unter anderem die Insemination, In-Vitro-Fertilisation (IVF) und die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Diese Verfahren sind mittlerweile Standard in der Reproduktionsmedizin und bieten vielen Paaren Hoffnung auf die Erfüllung ihres Kinderwunsches.
Aktuelle Entwicklungen und Mettlers Engagement
Professorin Mettler hat nicht nur zahlreiche Methoden der künstlichen Befruchtung mitentwickelt, sondern war auch maßgeblich an der Weiterentwicklung der minimalinvasiven Chirurgie beteiligt. Diese Techniken sind heute weltweit in Kliniken verbreitet und gelten als Standard. Mettler leitet weiterhin die Sektion Endokrinologie und Reproduktionsmedizin und engagiert sich aktiv für die Ausbildung und Förderung nachfolgender Generationen von Fachärzten. Sie ist Geschäftsführerin von GyneConsulting, einem Unternehmen für medizinische Gutachten, und bleibt als freie Mitarbeiterin dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein treu.
Obwohl Mettler bereits im Rentenalter ist, plant sie nicht, sich zurückzuziehen. Ihre Leidenschaft für die Reproduktionsmedizin zeigt sich nicht nur in ihrer fortlaufenden Veröffentlichung von Fachbeiträgen, sondern auch in ihrer internationalen Vortragstätigkeit. Nach einem kürzlichen Kongress in Dubai bekräftigte sie ihr Engagement für die weitere Aufklärung und den Austausch im Bereich der Reproduktionsmedizin und setzt sich dafür ein, dass zukünftige Entwicklungen den Patientinnen zugutekommen. Das bedeutet, dass sie weiterhin als aktive Stimme und Expertin in ihrem Feld bleibt, ein Vorbild für viele junge Medizinerinnen und Mediziner.