Am 19. April 1945 ereigneten sich in Schwäbisch Gmünd dramatische Szenen, als US-Truppen mit Panzer- und Artillerieverbänden vor der Stadt standen und die bedingungslose Kapitulation forderten. Die lokale militärische Führung unter Nazi-Kampfkommandant Hössle hielt bis zuletzt an ihren Befehlen fest und war unter anderem für die Erschießung zweier Zivilisten verantwortlich, die Adolf Hitler den Tod gewünscht hatten. Unter dem Zerstörungsbefehl „Schwabentreue“ wurden sinnlose Brückensprengungen angeordnet, die der Stadt größeren Schaden als die US-Truppen zufügten. Letztlich gelang es Polizeichef Albert Piron und dem französischen Offizier Paul Lémal, eine friedliche Übergabe zu ermöglichen. Lémal, der seit 1944 in Schwäbisch Gmünd lebte, hatte sich zuvor um die Betreuung von Kriegsgefangenen gekümmert und sympathisierte mit der Résistance.

Die formelle Übergabe von Gmünd an die US-Armee wurde am 20. April im alten Polizeirevier in der Hofstatt vollzogen. Französische Soldaten übernahmen nach der Entwaffnung der Gmünder Polizisten den Sicherheitsdienst. In der Stadt lebten zu diesem Zeitpunkt viele Zwangsarbeiter, die aus Ost- und Südosteuropa verschleppt worden waren. Diese Personen waren der Willkür der Nationalsozialisten ausgesetzt und begannen unmittelbar nach der Übergabe mit Plünderungen. Insgesamt wurden rund 6,5 Millionen Zwangsarbeiter von den Deutschen in verschiedenen Regionen Europas verschleppt, darunter viele sogenannte „Displaced Persons“ (DPs) im Gmünder Raum.

Zwangsarbeiter und deren Schicksal

Die Situation nach dem Einmarsch der US-Armee war von Hunger und Misstrauen geprägt. Die öffentliche Ordnung war zusammengebrochen, und die Infrastruktur lag in Trümmern. Die US-Armee beschlagnahmte Gebäude und Wohnungen und richtete eine Kommandantur im „Gmünder Hof“ am Marktplatz ein. Am 23. April 1945 wurden Emil Rudolph als kommissarischer Oberbürgermeister und Konrad Burkhardt als vorläufiger Landrat eingesetzt, um die NSDAP-Parteigänger aus ihren Ämtern zu entfernen.

Ein neues Buch von Ulrich Müller mit dem Titel „Fremdarbeiter, Zwangsarbeiter und Displaced Persons in Schwäbisch Gmünd zwischen 1940 und 1950“ beleuchtet die sozialen Bedingungen der Zwangsarbeiter in der Stadt und im gesamten Deutschland. In dem im Jahr 2021 erschienenen Werk wird auf die schwerwiegende Behandlung der Arbeiter eingegangen, wobei auch Misshandlungen durch SS- oder SA-Schläger erwähnt werden. Eine umfangreiche Quellenlage mit 17 laufenden Metern Verwaltungsakten, die im Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd aufbewahrt werden, und digitalisierte Gmünder Meldekarten im Arolsen-Archiv bilden die Grundlage für die historischen Erzählungen. Der Anhang des Buches beleuchtet auch die Spurensuche zweier ehemaliger Zwangsarbeiter.

Die Vergessenen Opfer der Nachkriegszeit

Die Zwangsarbeiter wurden lange Zeit als Opfer des Nationalsozialismus vergessen. Viele von ihnen kehrten unmittelbar nach ihrer Befreiung zurück in ihre Heimatländer, während andere in Lagern als DPs blieben. In vielen Fällen wurden sowjetische Zwangsarbeiter in ihrer Heimat der Kollaboration verdächtigt und verschwanden in stalinistischen Lagern. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde die NS-Zwangsarbeit oft als Begleiterscheinung des Krieges betrachtet, nicht jedoch als spezifisches NS-Verbrechen. Erst in den 1980er und 1990er Jahren begannen Opferverbände, Gehör zu finden und das Schicksal der Zwangsarbeiter ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, was schließlich zur Gründung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ führte, die Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter organisiert.

Insgesamt lebten in Deutschland nach dem Krieg etwa 6,4 Millionen Ausländer in DP-Camps, während 1,6 Millionen in Repatriierungs- und Filtrierlagern der sowjetischen Zone untergebracht waren. Die erste Zeit nach der Kapitulation war geprägt von Chaos und humanitären Herausforderungen, und viele Zwangsarbeiter erlebten eine Vielzahl von Diffamierungen und sozialer Isolation. Die dramatischen Ereignisse in Schwäbisch Gmünd sind ein Beispiel für die vielschichtigen Herausforderungen, die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einhergingen.

Für weiterführende Informationen zum Thema Zwangsarbeit können Sie das Buch von Ulrich Müller hier einsehen. Mehr über das Schicksal der „vergessenen Opfer“ erfahren Sie auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung. Zudem berichtet die Remszeitung von den dramatischen Stunden in Gmünd am Ende des Zweiten Weltkriegs.