Karen Hendrix, Psychiaterin und Expertin für Depressionen bei Landwirten, hat alarmierende Beobachtungen über die psychische Gesundheit in der Landwirtschaft gemacht. Nach ihren Angaben kennt jeder Landwirt etwa drei andere Landwirte, die Suizid begangen haben. Hendrix, die auch über eine landwirtschaftliche Ausbildung verfügt, sieht eine hohe Dunkelziffer, da es bislang keine verlässlichen Zahlen zu Suiziden unter Landwirten in Deutschland oder Österreich gibt. Die Gründe für diese hohe Suizidrate sind vielschichtig, und politisch sensible Themen wurden lange ignoriert. Sie selbst hat in ihrer Praxis als Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie an der Psychosomatischen Fachklinik im bayerischen Simbach am Inn zahlreiche Fälle dokumentiert, die Rückschlüsse auf die schwere mentale Belastung vieler Landwirte zulassen. Unter diesen Bedingungen stellte sie die „Grüne Gruppe“ ins Leben, eine psychotherapeutische Gesprächsrunde für Landwirte, um diese Problematik offen anzugehen und Unterstützung zu bieten.

Zahlreiche Studien belegen, dass die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft häufig zu psychosozialen Risiken führen. Wie agrarheute.com berichtet, leisten in der EU 93 % der Betriebe Arbeit im Familienverband, wo Familienmitglieder oft mehr als die Hälfte der Arbeitskraft bereitstellen. Dies führt dazu, dass bis zu 50 % der Landwirte und Arbeitskräfte mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten. Solche hohen Arbeitsstunden sind verbunden mit Stress, Angstzuständen, Burnout, Depressionen und Suizidgedanken. In Irland ist jeder vierte Landwirt von Burnout betroffen, während in Frankreich alle zwei Tage ein Landwirt Suizid begeht. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen wird deutlich, dass Landwirt zu sein eines der gefährlichsten Berufe in Europa ist.

Ursachen und Risikofaktoren

Die europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz hat in einer Untersuchung die Auswirkungen psychosozialer Risiken auf Landwirte und deren Beschäftigte analysiert. Zu den identifizierten Risiken zählen eine hohe Arbeitsbelastung und soziale Isolation, die durch demografische Faktoren sowie einen zunehmenden Verwaltungsaufwand bedingt sind. Solche Belastungen führen zu einem hohen Maß an Stress, das wiederum das Wohlbefinden der Betroffenen stark beeinträchtigen kann.

Zusätzlich fordert die Studie gesellschaftliche Veränderungen, um das Stigma in Bezug auf psychische Gesundheit zu beseitigen. Ein wichtiger Aspekt zur Verbesserung der Situation in der Landwirtschaft ist die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen. Ein faktisches Problem, das es zu lösen gilt, ist die gesellschaftliche Wahrnehmung der Landwirte und die Notwendigkeit, politische Maßnahmen zu ergreifen, um die Ursachen dieser psychischen Belastungen anzugehen.

Die Kombination aus hohem Arbeitsaufwand, mangelnder sozialer Unterstützung und einem oft stigmatisierten Umgang mit psychischen Erkrankungen führt dazu, dass Landwirte in einer kritischen Situation stecken. Die Schaffung von Unterstützungsprogrammen wie der „Grünen Gruppe“ könnte ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung sein, um diesen betroffenen Menschen die Hilfe zukommen zu lassen, die sie dringend benötigen.