In der kleinen Gemeinde Bergatreute im Landkreis Ravensburg hat der Heimatforscher Paul Sägmüller einen beißenden Mordfall aufgedeckt, der mehr als ein Jahrhundert zurückliegt. Bei seinen Recherchen für ein Buch über die Region stieß er auf die grausame Geschichte eines kleinen Jungen, der am 17. September 1903 im Furtmühleweiher ertränkt wurde. Der Leichnam wurde von Gebhard Müller und Paul Baumeister entdeckt, wobei das Kind in ein rot-schwarz kariertes Kleidchen gekleidet war und mit Steinen beschwert und zugebunden wurde.
Über das Alter des Kindes herrscht Uneinigkeit; Berichte schwanken zwischen 8 Monaten, 9 Monaten, 2 Jahren oder 1,5 Jahren. Die Mutter des Kindes, Walburga Keller, gestand die Tat und wurde letztendlich zum Tode verurteilt. Sie war 31 Jahre alt, vorbestraft und wies eine „geistige Beschränkung“ auf, wurde jedoch als nicht geisteskrank eingestuft. In ihrer schrecklichen Verzweiflung hatte sie ihren Sohn, den sie außerehelich geboren hatte, im Weiher ertränkt, nachdem sie ihn betäubt hatte.
Ein Trauma der Vergangenheit
Walburga Keller lebte als Magd und hatte keine passende Unterkunft, um ihren Sohn zu sich zu nehmen, obwohl sie ihn zu ihrer Schwester bringen wollte. Ihre anfänglichen Gedanken, das Kind in die Donau zu werfen, hatte sie wegen der Menschenmenge verworfen. Die psychiatrischen Gutachten bescheinigten ihr geistige Einschränkungen, was ihre Strafe 1904 in eine lebenslange Gefängnisstrafe umwandelte.
Die schockierende Geschichte ist Teil von Sägmüllers neuem Buch mit dem Titel „Roßberg – Geschichte und Geschichten“, das die historische Bedeutung und die kleinen Anekdoten des Ortes beleuchtet. Roßberg hat heute 74 Einwohner und war einst eine Zuspannstation mit einer eigenen Brauerei. Interessanterweise fuhr Queen Elizabeth II. 1965 mit dem Zug durch Roßberg, während Schüler an den Gleisen winkten.
Parallelen zu historischen Kriminalfällen
Der Fall von Walburga Keller reiht sich ein in die düstere Historie großer Kriminalfälle, die von 1800 bis 2020 dokumentiert sind. Auf Erichs Kriminalarchiv werden verschiedene bedeutende Verbrechen aufgelistet, die die Gesellschaft erschütterten. Unter diesen Fällen findet sich auch die Ermordung der achtjährigen Lucie Berlin im Jahr 1904 sowie andere umfangreiche Verbrechen, die die Öffentlichkeit damals für lange Zeit beschäftigten.
Die Bundeskriminalitätsstatistik bietet einen noch breiteren Kontext für die Entwicklung der Kriminalitätsraten in Deutschland und zeigt, dass tragische Taten wie die von Walburga Keller nicht nur Einzelschicksale, sondern Teil eines größeren gesellschaftlichen Problems sind.
Das Buch von Sägmüller, das 110 Seiten umfasst, ist für 23 Euro erhältlich und bietet den Lesern nicht nur einen Einblick in die abscheuliche Geschichte des Mordes, sondern auch in die weitere Historie und Kultur von Roßberg.