Am 11. Februar 2025 wird an der Universität Bonn das Projekt „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland“ unter der Leitung von Prof. Claudia Wich-Reif gestartet. Ziel des Projekts ist es, herauszufinden, welche Dialektwörter aus der Kindheit der Teilnehmenden in deren Gedächtnis geblieben sind. Hierzu werden Erwachsene im Alter zwischen 30 und 45 Jahren gesucht, die in ausgewählten Orten geboren wurden und dort bis zu ihrem 16. Lebensjahr lebten. Es wird erwartet, dass mindestens ein Elternteil im Heimatort geboren ist, während Dialektkenntnisse keine Voraussetzung sind und auch ein gebrochener Dialekt nicht notwendig ist.

Das Projekt bezieht sich auf eine Vielzahl von Städten in Nordrhein-Westfalen, darunter Schleiden, Aachen, Düsseldorf und Wuppertal. Ein spannender Aspekt dieses Vorhabens ist der Vergleich mit der älteren Generation: Personen ab 70 Jahren werden ebenfalls befragt. Die gesammelten Daten werden dazu verwendet, digitale Sprachkarten zu erstellen, auf denen Interessierte Sprachdaten anhören und die sprachgeographische Verteilung bestimmter Dialektwörter einsehen können. Bisher wurden fast 900 Orte in NRW, insbesondere in ländlichen Gegenden, erfasst.

Dialektregionen und ihre Vielfalt

Das Untersuchungsgebiet des Projekts erfasst sowohl niederdeutsche als auch hochdeutsche und mitteldeutsche Dialektregionen. Eine wesentliche Grenze ist die Benrather Linie, die ihren Namen von dem Stadtteil Benrath erhält, wo sie auf den Rhein trifft. Der Verlauf dieser Linie wurde erstmals von Georg Wenker beschrieben, der Ende des 19. Jahrhunderts eine dialektgeografische Untersuchung des deutschsprachigen Raumes durchführte. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind bis heute die Grundlage des Deutschen Sprachatlas, der online über das Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas der Universität Marburg zugänglich ist.

Die Benrather Linie und die damit verbundenen Sprachveränderungen sind ein faszinierendes Beispiel für die Entwicklung der deutschen Sprache. Während in hochdeutschen Dialekten Konsonanten wie p, t und k zu pf, ts und kch verschoben wurden, blieben sie in den niederdeutschen Dialekten unverändert. Ein Beispiel hierfür ist das niederdeutsche „maken“ im Gegensatz zum hochdeutschen „machen“.

Dialekte im Detail

Zu den niederdeutschen Dialektgruppen gehören Westfälische, Niederfränkische, Nordniederdeutsche und Ostfälische Dialekte. Auf der anderen Seite umfassen die hochdeutschen Dialekte Ripuarische, Moselfränkische und die Mittel- sowie Zentralhessischen Dialekte. Besonders im Rheinland kann man eine Vielzahl von Dialektvarianten beobachten, die durch die Benrather Linie bedingt sind. Diese Sprachgrenzen schaffen interessante Unterschiede, wie die Unterscheidung zwischen nördlichen und südlichen Dialektvarianten.

  • Beispiele für niederdeutsche Dialekte:
    • Schleswigisch
    • Holsteinisch
    • Ostfriesisch
    • Märkisch Platt
    • Südniederfränkisch
  • Beispiele für mitteldeutsche Dialekte:
    • Ripuarisch
    • Hessisch
    • Thüringisch
    • Obersächsisch
  • Beispiele für oberdeutsche Dialekte:
    • Bairisch
    • Alemannisch
    • Fränkisch

Das Projekt an der Universität Bonn erhält Unterstützung vom Akademienprogramm des Bundes und der Länder und wird von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste betreut. Für weitere Informationen über das Projekt und die Möglichkeit zur Teilnahme können Interessierte die DMW-Projektwebsite besuchen.

In Deutschland gibt es nicht nur eine Vielzahl von Dialekten, sondern auch Sprachinseln mit eigenen Varianten, die bis nach Polen, Slowenien und die Ukraine reichen. Dies zeigt, wie bemerkenswert und facettenreich die Dialektlandschaft im deutschsprachigen Raum ist und bietet eine wertvolle Gelegenheit, die sprachlichen Wurzeln und Unterschiede nachhaltig zu erforschen.