In Deutschland nehmen täglich rund 1,9 Millionen Menschen Schmerzmittel ein, was zu einem besorgniserregenden Umweltproblem führt. Die Reste dieser Medikamente gelangen ins Abwasser und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Gewässer dar. In Delmenhorst ist das Delme-Klinikum der größte Einleiter von Arzneimitteln in die Abwässer der Stadt. Die örtliche Kläranlage, Am Donneresch, kann derzeit keine anthropogen bedingten Stoffe entfernen, was dringenden Handlungsbedarf aufzeigt. Um die Mikroschadstoffe effizient zu beseitigen, soll eine vierte Reinigungsstufe in der Kläranlage eingerichtet werden.
Um die neue Reinigungsstufe zu realisieren, wird 50 Prozent des Abwassers abgezapft. Die Investition von 6,96 Millionen Euro wird zu 65 Prozent aus dem Förderprogramm „Verringerung von Spurenstoffen in Gewässern“ der niedersächsischen N-Bank finanziert. Der Förderbescheid über 4,52 Millionen Euro wurde kurz vor Weihnachten 2022 erteilt. Die Kläranlage hat bis zum 18. Dezember 2027 Zeit für den Bau der neuen Stufe, die beim optimalen Verlauf im November 2026 beginnen könnte. Ein Plan für die vierte Reinigungsstufe existiert bereits seit 2019, und eine Machbarkeitsstudie wurde im Mai 2020 im Umweltausschuss vorgestellt.
Risikoreduzierung und Finanzierung
Die Kostenschätzung für die vierte Reinigungsstufe lag im Juni 2021 bei 4,37 Millionen Euro, wobei die Investitionskosten mittlerweile gestiegen sind. 25 Prozent der Kosten sollen zu 80 Prozent von Herstellern von Arzneimitteln und Körperpflegeprodukten übernommen werden. Diese Unternehmen sollen auch an den Betriebskosten zu 80 Prozent beteiligt werden. Die europaweite Ausschreibung der Planungsleistungen wird im VVG-Verfahren eingeleitet, mit der Planung, die im September 2023 beginnen könnte und 10 bis 12 Monate dauern soll.
Ein innovatives Verfahren soll dabei zur Anwendung kommen. Die vorgesehene Ozonung mit Wirbelbett ist in der Lage, Spurenstoffe signifikant zu reduzieren. Bei einer Dosierung von 6,5 Milligramm Ozon pro Liter könnten Schmerzmittel zu 99%, Antibiotika zu 92% und Korrosionsschutzmittel zu 84% entfernt werden. Die genaue Menge des einzusetzenden Ozons steht jedoch noch nicht fest; Tests eines Schweizer Instituts werden dazu durchgeführt.
Umweltbewusstsein und gesetzliche Herausforderungen
Das Umweltbundesamt (UBA) warnt, dass die Vorkommen und Auswirkungen von Arzneimitteln in der Umwelt oft unterschätzt werden. Der demografische Wandel könnte die Konzentration von Humanarzneimitteln in der Umwelt weiter erhöhen, was die Dringlichkeit eines verbesserten Monitorings und Schutzmaßnahmen verdeutlicht. Laut UBA gelangen Arzneimittel hauptsächlich über häusliches Abwasser in die Umwelt, wobei viele Substanzen nach der Einnahme unverändert ausgeschieden werden. Es wird geschätzt, dass mehrere hundert Tonnen nicht verbrauchter Medikamente unsachgemäß über Spüle oder Toilette entsorgt werden und Kläranlagen oftmals nicht in der Lage sind, alle Arzneimittelrückstände vollständig abzubauen.
Ein besorgniserregendes Beispiel ist Diclofenac, ein häufig verwendetes Schmerzmittel. Es kann Nierenschäden bei Fischen verursachen und ist in vielen Gewässern nachweisbar. Diclofenac steht auf der EU-Kandidatenliste für prioritäre Stoffe und hat ein hohes Schadenspotenzial für Umweltorganismen. Die aktuellen Maßnahmen zum Schutz des Trinkwassers sollen langfristig die Versorgungssicherheit gewährleisten und eine umweltverträgliche Patientenversorgung fördern.
Für mehr Informationen zu Arzneimittelrückständen im Wasser und deren Auswirkungen auf die Umwelt, finden Sie weitere Details in den Publikationen des UBA unter diesem Link.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Kampf gegen Arzneimittelrückstände im Wasser sowohl in Delmenhorst als auch bundesweit eine große Herausforderung darstellt. Die geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Kläranlagen sind ein Schritt in die richtige Richtung, um die Gewässer zu schützen und das Umweltbewusstsein zu stärken.