Ein bedeutendes Werk des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk, das Ölgemälde „Wirtshaus“ aus dem Jahr 1917, bleibt im Rahmen einer Einigung in Krefeld. Laut dewezet.de wurde das Gemälde den Nachfahren des früheren Eigentümers Alfred Hess (1879-1931) zurückgegeben und gleichzeitig zurückgekauft. Die Höhe der Kaufsumme bleibt bislang unbekannt.

Alfred Hess war ein Fabrikant, der eine der bedeutendsten Sammlungen expressionistischer Kunst in Deutschland aufbaute. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Hans die Sammlung, die aufgrund der NS-Verfolgung zunächst nach Frankreich und später nach London emigrierte. Teile der Sammlung wurden 1933 in die Schweiz gebracht, um die Lebensgrundlage der Familie zu sichern. Die Rückgabe des Campendonk-Gemäldes an die Erben ist Teil eines Prozesses der Restitution von Raubkunst, der seit vielen Jahren in Deutschland und international diskutiert wird.

Kontext der Restitution von Raubkunst

Die Restitution von Raubkunst, also die Wiederherstellung von Eigentumsverhältnissen an Kunstwerken, die während der NS-Zeit geraubt wurden, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Schätzungen zufolge sind zwischen 1933 und 1945 rund 600.000 Kunstwerke geraubt worden, wobei ein großer Teil aus jüdischem Eigentum stammt. Die Washingtoner Erklärung von 1998 setzte 44 Staaten in die Pflicht, Raubkunst zu finden und zurückzugeben, was zu zahlreichen Rückgaben weltweit führte, wie in Wikipedia dokumentiert.

In Deutschland wurde die rechtliche Landschaft zur Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut kürzlich durch Gesetzesänderungen modifiziert. Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen haben sich auf neue Regelungen geeinigt, die die Durchsetzung von Herausgabeansprüchen erleichtern sollen, wie bmj.de berichtet. Künftig können Eigentümer von NS-Raubkunst ihren Herausgabeanspruch gerichtlich geltend machen, auch wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, was die Beweislast und die Prüfung der Ansprüche vereinfacht.

Die Bedeutung der Rückgabe

NRW-Kulturministerin Ina Brandes betonte, dass die Rückgabe des Gemäldes das Unrecht an den jüdischen Vorbesitzern anerkenne. Diese Rückgabe wird als „faire und gerechte Lösung“ im Sinne der Washingtoner Prinzipien gewertet. Bereits zuvor wurden mehrere Werke aus der Sammlung Hess zurückgegeben, darunter die spektakulärste Rückgabe im Jahr 2006, als ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner für umgerechnet 30 Millionen Euro versteigert wurde.

Der Prozess der Restitution und Rückgabe von Raubkunst bleibt ein zentrales Thema in der deutschen Kultur- und politischen Landschaft. Die Entwicklung eines Schiedsgerichts zur Entscheidung über Rückgaben wird ebenfalls im Kontext von rechtlichen Optionen zur Rückholung von Raubkunst diskutiert. Der aktuelle Fall zeigt, dass Bewegung in diese Richtung möglich ist und dass die Erinnerung und Gerechtigkeit für die jüdischen Vorbesitzer von Kunstwerken wieder in den Fokus rückt.