Am 29. Januar 2025 gedenkt der Bundestag an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 80 Jahren. In einer feierlichen Gedenkstunde, die um 12 Uhr im Plenarsaal stattfindet, wird der Holocaust-Überlebende Roman Schwarzman zu Wort kommen. Er überlebte das Ghetto in Bershad, Ukraine, und hat einen bewegenden Vortrag vorbereitet, in dem er auch die Erfahrungen anderer Überlebender in der Ukraine einbezieht. Bärbel Bas, die Präsidentin des Bundestages, eröffnet die Veranstaltung und unterstreicht die Bedeutung von Zeitzeugenberichten für die Erinnerungskultur Deutschlands.
Die Gedenkstunde wird live im Parlamentsfernsehen sowie auf der Website des Bundestages übertragen. Neben Schwarzman wird auch Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier eine Rede halten. Die Veranstaltung beinhaltet musikalische Beiträge von Studierenden der Universität der Künste Berlin, darunter ein Streichertrio, das Werke von Gideon Klein und Hans Gál spielt. Diese Musikalität soll einen emotionalen Rahmen für die Erinnerungen und Berichte der Redner bilden.
Erinnerung und Verantwortung
Roman Schwarzman, der 1936 in Bershad geboren wurde, wurde im Sommer 1941 aufgrund seines jüdischen Glaubens ins Ghetto deportiert und erlebte die Befreiung durch die Rote Armee im März 1944. Heute ist er der Vorsitzende des ukrainischen Verbands für jüdische KZ- und Ghetto-Überlebende. In seiner Rede wird er nicht nur seine eigenen Erfahrungen schildern, sondern auch die aktuelle Situation der Überlebenden in der Ukraine thematisieren. Diese Thematik erhält zusätzlichen Kontext durch die Anliegen, die er bei seinen Kontakten zu anderen Überlebenden in der Ukraine gehört hat.
Bas plant zudem, die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in Deutschland sowie das Unsicherheitsgefühl von Jüdinnen und Juden zu thematisieren. Diese Aspekte werden als Teil einer umfassenden Erinnerungskultur betrachtet, die seit 1997 auch junge Erwachsene in ihre Begegnungen über die nationalsozialistischen Verbrechen einbezieht.
Herausforderungen der Erinnerungskultur
Die Veranstaltung fällt zusammen mit weiteren Diskussionen über die Erinnerungskultur in Deutschland, die in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt sind. Kritiker weisen darauf hin, dass die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit in der Gesellschaft zunehmend ritualisiert wird und fordern einen differenzierteren Blick auf die Verantwortung gegenwärtiger Generationen. Antisemitische Übergriffe sind in den letzten Jahren gestiegen, was als alarmierendes Zeichen für das Scheitern der Erinnerungskultur gewertet wird.
Persönlichkeiten wie Michel Friedman und Joseph Wilson betonen, dass die Erinnerung an den Holocaust nicht nur der Vergegenwärtigung der Vergangenheit dient, sondern auch als Grundlage für eine Diskussion über gegenwärtige antisemitische Tendenzen und die Verantwortlichkeiten der heutigen Gesellschaft gesehen werden muss. In diesem Sinne wird die Gedenkstunde im Bundestag ein Ausdruck der Hoffnung auf ein wachsendes Bewusstsein und eine tiefere Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen sein.
Nach den Reden wird es eine Podiumsdiskussion zwischen Roman Schwarzman, Bärbel Bas und den 80 Jugendlichen der Jugendbegegnung 2025 geben. Ziel dieser Diskussion ist es, die Wahrnehmung von Zeitzeugenberichten bei der jüngeren Generation zu fördern und deren Engagement für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus zu unterstützen.
Im Rahmen der umfassenden Erinnerungskultur in Deutschland, die über 300 Gedenkstätten und NS-Dokumentationszentren umfasst, bleibt der Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar von zentraler Bedeutung. Trotz der Herausforderungen, mit denen die Erinnerungskultur konfrontiert ist, wird das Gedenken und die aktive Beschäftigung mit der Geschichte einen essenziellen Platz in der deutschen Gesellschaft einnehmen.