Die estnische Politikerin Kaja Kallas hat am 1. Dezember 2024 das Amt der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik übernommen. Bereits kurz nach ihrem Amtsantritt äußerten sich Kritiker über ihren Arbeitsstil, der als „zu forsch“ beschrieben wurde. Kallas, die von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als Wunschkandidatin ausgewählt wurde, hatte sich umgehend am Tag nach ihrer Ernennung in Kiew gezeigt, um der Ukraine im Konflikt mit Russland Unterstützung zuzusichern. Sie versprach nicht nur Hilfe, sondern brachte auch neue militärische Strategien ins Gespräch, darunter die Idee von EU-Bodentruppen für die Ukraine, die von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock aufgegriffen wurde.
Kallas, die in Tallinn geboren wurde und die Tochter des sowjetischen Parteifunktionärs Siim Kallas ist, wuchs in relativem Wohlstand auf, was einen Kontrast zu den Erfahrungen vieler anderer Menschen in der Sowjetunion bildet. Ihre politische Karriere begann sie 2010 in der Reformpartei ihres Vaters und wurde 2011 Parlamentsabgeordnete. Während ihrer Zeit im EU-Parlament zwischen 2014 und 2021 erlangte sie durch ihre harte Rhetorik gegenüber Russland Bekanntheit.
Herausforderungen und Konfrontationen
In den ersten Wochen ihres Amtes hat Kallas bereits ihre Haltung gegenüber verschiedenen Ländergruppen eindrücklich verdeutlicht. Kritiker werfen ihr vor, ihre Kompetenzen zu überschreiten und unrealistische Erwartungen zu wecken. Ihre Haltung zu Georgien, wo sie Solidarität mit den Protestierenden zeigte und Sanktionen gegen die Regierung forderte, sorgte für Aufregung unter Diplomaten, da Sanktionen einstimmig beschlossen werden müssen, was langwierige Verhandlungen nach sich zieht. Trotz dieser Herausforderungen strebt Kallas an, den Außenministerrat zu stärken, um tatsächlich wirkungsvolle Entscheidungen in der EU-Außenpolitik zu ermöglichen.
Kajas Ansatz, der versucht, tätige Unterstützung für die Ukraine und drängende Sanktionen gegen Russland in Einklang zu bringen, spiegelt sich auch in ihren jüngsten Äußerungen wider, nachdem sie der Zustimmung zur Verlängerung der Sanktionen gegen Russland zugestimmt hat. Kallas äußerte, dass Europa die Ukraine als größten internationalen Geber mit über 134 Milliarden Euro unterstützt und betonte, dass mehr Munition, Luftverteidigung und ausgebildete Soldaten benötigt werden. Diese Forderungen stehen in direktem Zusammenhang mit der Strategiefestlegung, um dem Kreml zu zeigen, dass die EU nicht nur beobachtet, sondern handelt.
Wirtschaftliche Aspekte und geopolitische Einflüsse
Die EU hat außerdem ein Soforthilfepaket in Höhe von 30 Millionen Euro für die Republik Moldau vorgeschlagen, um energiespezifischen Herausforderungen, die durch Gazprom hervorgerufen wurden, entgegenzuwirken. Kallas betonte die Notwendigkeit, der moldauischen Bevölkerung beim Wiederherstellen von Strom und Heizung zu helfen, da der Kreml Energie als Druckmittel nutzt. In diesem Kontext wird auch die Unterstützung der syrischen Wirtschaft durch Lockerung von Sanktionen thematisiert, um humanitäre Hilfe zu fördern.
Die Beziehung zwischen der EU und den USA spielt ebenfalls eine zentrale Rolle in Kallas’ außenpolitischen Einschätzungen. In Gesprächen mit anderen Außenministern wurde die Notwendigkeit von Einheit und Zusammenarbeit zwischen Europa und Nordamerika hervorgehoben. Allerdings bleibt die Balance zwischen fordern und bekommen, sowie zwischen Führung und Gefolgschaft, in Brüssel sensibel und herausfordernd.
Kaja Kallas’ Einflussmöglichkeiten als EU-Außenbeauftragte könnten durch ihre vorherige politische Erfahrung und ihren unkonventionellen Ansatz entscheidend geprägt sein. Beobachter sind gespannt, inwiefern sie den Machtbonus ihrer ehemaligen Position als estnische Regierungschefin nutzen kann, um sich als starker Akteur auf der europäischen Bühne zu etablieren.
Compact Online berichtet, dass Kallas eine strikte Haltung zu Sanktionen einnimmt, was ihre persönliche und politische Integrität in den Fokus rückt, insbesondere im Hinblick auf den unternehmerischen Hintergrund ihres Mannes, der Waren aus Russland importiert. Ihr Gehalt als EU-Kommissarin von 20.000 Euro monatlich hebt sich erheblich von den 7.300 Euro ab, die sie zuvor als Ministerpräsidentin verdiente.
Insgesamt steht Kaja Kallas vor der Herausforderung, ihre politischen Bedrohungen und die Erwartungen der EU-Mitgliedstaaten zu balancieren, während sie gleichzeitig die geopolitischen Spannungen auf dem europäischen Kontinent aktiv angeht.