Der Sonderforschungsbereich „Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik“ an der Universität Bremen hat ein neues interaktives Informationssystem mit dem Namen WeSIS (Global Welfare State Information System) veröffentlicht. Dies wurde heute, am 24. Februar 2025, bekannt gegeben. WeSIS bietet umfassende Daten zur Sozialpolitik weltweit und basiert auf über sieben Jahren intensiver Forschung, an der rund 25 Wissenschaftler:innen beteiligt waren. Das System adressiert wichtige Informationen, die in der bestehenden Forschung bisher häufig vernachlässigt wurden.
WeSIS schließt drei zentrale Lücken in der sozialpolitischen Forschung: eine geographische Perspektive für alle Staaten mit über 500.000 Einwohner:innen, eine historische Perspektive, die Entwicklungen seit 1880 erfasst, und die Möglichkeit zur interaktiven Nutzung der Daten. Aktuell sind rund 1.300 Indikatoren pro Land verfügbar, zusätzlich zu bis zu 1.200 Indikatoren pro Jahr, mit einer Tendenz zur kontinuierlichen Erweiterung. Die Daten sind in drei Bereiche gegliedert: Informationen zu sozialpolitischen Programmen, Indikatoren zu nationalen Bedingungen, die die Sozialpolitik beeinflussen, sowie Daten zu globalen Verflechtungen, die die Gestaltung von Sozialpolitik prägen.
Interaktive Nutzung und Zugriff auf Daten
WeSIS fungiert als „One-Stop-Data-Shop“ für die Datenabfrage und ist in einer Early-Access-Phase bereits mit ersten Visualisierungen, Analyse-Tools und Länderprofilen ausgestattet. Ziel war es, ein Informationssystem zu entwickeln, das konkret auf die Bedürfnisse der Forschungscommunity abgestimmt ist. Der Sonderforschungsbereich 1342, der das Projekt ins Leben gerufen hat, wird seit 2018 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, wobei die aktuelle Förderperiode bis Ende 2025 läuft.
In einem breiteren Kontext betont die Diskussion um globale Sozialpolitik, dass die Globalisierung häufig mit wirtschaftlichen Beziehungen und der Vernetzung von Informationen assoziiert wird. Die Forderung nach einer sozialen Dimension dieser Globalisierung, um soziale Ungleichheiten zu bekämpfen, wird immer lauter. Der Wohlfahrtsstaat, ursprünglich eine Antwort auf soziale Probleme innerhalb der Nationalstaaten, könnte dennoch nicht in den globalen Raum überführbar sein. Diese These wird unter anderem von Bob Deacon vertreten, der die „Sozialpolitisierung“ der Weltpolitik propagiert, welche soziale und ökologische Fragen mehr in den Mittelpunkt rückt.
Globale Dimensionen der Sozialpolitik
Der Ursprung staatlicher Sozialpolitik liegt historisch und kulturell größtenteils in west- und nordeuropäischen Ländern, und eine globale Verbreitung von Sozialpolitik wird als unwahrscheinlich angesehen. In Anbetracht der Krise des Wohlfahrtsstaates in westlichen Ländern ist die Zukunft der Sozialpolitik sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene gefährdet. Parallel dazu wird auf den Trend zur wirtschaftlichen Globalisierung hingewiesen, der oft als „race to the bottom“ und mit Sozialdumping verbunden wird. Kulturelle Unterschiede stehen einer einheitlichen Globalisierung von Sozialpolitik ebenfalls entgegen.
Die Ideen globaler Sozialpolitik, die bereits in den 1930er und 1940er Jahren entstanden sind, finden sich in wichtigen Dokumenten wie der Atlantik-Charta (1941) und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) wieder. Globale Sozialpolitik könnte existieren, jedoch ohne eine zentrale Entscheidungsinstanz und mit weniger verbindlichen Regeln. Wichtige Akteure in diesem Bereich sind internationale Organisationen wie die ILO und die WHO sowie nicht-gouvernementale Organisationen und private Unternehmen, die eine zunehmend bedeutende Rolle spielen.
Die Herausforderungen für die globale Sozialpolitik sind erheblich. Die fehlenden demokratischen Strukturen auf globaler Ebene erschweren die Legitimität sozialpolitischer Maßnahmen. Dennoch wird ein zukünftiger Ausbau globaler Sozialpolitik erwartet, wobei auch die Grenzen und Gegenkräfte nicht außer Acht gelassen werden dürfen.
Für weitere Informationen und Daten rund um die neuesten Entwicklungen in der globalen Sozialpolitik besuchen Sie die Webseiten von Universität Bremen und bpb.de.