Die CDU/CSU-Fraktion hat eine umfangreiche parlamentarische Anfrage zur politischen Neutralität von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) eingereicht. Diese umfasst 551 Fragen, die sich mit der Finanzierung und der steuerlichen Begünstigung dieser Organisationen befassen. Thorsten Frei, der das Projekt vertritt, sieht die Anfrage als „das Normalste der Welt“ an und erklärt, dass sie nicht zur Einschüchterung dienen soll. „Wir schüchtern niemanden ein“, so Frei im Gespräch mit der Presse. Die Reaktionen auf diese Anfrage sind jedoch vielschichtig und teils heftig.
Der SPD-Co-Chef Lars Klingbeil kritisiert die Initiative scharf und bezeichnet sie als „Foulspiel“. Er äußert Bedenken, dass die Union Organisationen ins Visier nimmt, die aktiv die Demokratie schützen. Dabei verweist die Union auf eine ähnliche Anfrage, die die Grünen im Jahr 2019 zur steuerlichen Behandlung von Berufs- und Wirtschaftsverbänden gestellt hatten. Diese Argumentation führt zu einer spannungsgeladenen Atmosphäre zwischen den politischen Fraktionen.
Inhalt der Anfrage
Die Unionsanfrage will klären, welche NGOs staatliche Fördermittel während der letzten Wahlperiode erhalten haben. Besonders im Fokus stehen Organisationen wie „Omas gegen Rechts“, die bei den 551 Fragen spezifisch gefragt werden, ob sie im Sinne einer politischen Werbung für oder gegen eine Partei agiert haben. In diesem Zusammenhang wird die Gefahr beschworen, dass NGOs durch ihre Beteiligung an politischen Prozessen gegen die demokratische Grundordnung verstoßen könnten.
Ein zentraler Auslöser der Anfrage war die umstrittene Abstimmung im Bundestag, bei der die Union im Januar Stimmen der AfD zur Unterstützung eines Asyl-Antrags akzeptierte. Diese Verbindung zu politischen Allianzen sorgt für zusätzlichen Unmut und ist Teil eines größeren Streitgesprächs über die Rolle von NGOs in der politischen Landschaft. Die Anfrage wurde unter dem Titel „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ übermittelt, um eine rechtliche Grundlage für die Untersuchung zu schaffen.
Reaktionen und Bedenken der NGOs
Vertreter von NGOs zeigen sich besorgt über die Implikationen der Anfrage. Laut Berichten der ZDF könnte die Gemeinnützigkeit dieser Organisationen gefährdet sein, besonders wenn sie sich politisch exponieren. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) kritisierte die Initiative der Union und sprach von „gegossenen Unterstellungen“, während die Journalisten-Union der Gewerkschaft Verdi (dju) in der Anfrage eine Infragestellung der Legitimität der geförderten Organisationen sieht.
Die Debatte wirft darüber hinaus grundlegende Fragen zur Rolle der Zivilgesellschaft im demokratischen Prozess auf. Politikwissenschaftler warnen, dass die Anfrage ein Signal an NGOs sendet, um vorsichtiger bei politischen Engagements zu agieren. Der Gesetzgeber könnte durch die Anfrage ein Gefühl von Unsicherheit erzeugen, welches sich negativ auf die Ausübung der politischen Betätigung von NGOs auswirken könnte.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Die rechtlichen Grundlagen, über die in der Anfrage informiert werden soll, basieren auf Urteilen des Bundesfinanzhofs und dem § 55 der Abgabenordnung, der die Verwendung von Mitteln gemeinnütziger Körperschaften für parteipolitische Aktivitäten verbietet. Die CDU/CSU betrachtet die politische Betätigung dieser Organisationen als potenzielle Untergrabung der Chancengleichheit im demokratischen Prozess.
Die staatliche Förderung an NGOs erfolgt in der Regel projektbezogen, wie beispielsweise durch das Programm „Demokratie leben!“, welches jährlich mit 182 Millionen Euro dotiert ist. Hierbei ist es essenziell, dass die geförderten Projekte die freiheitlich-demokratische Grundordnung unterstützen. Dem Bundesfinanzministerium liegt die Anfrage vor und ist derzeit dabei, diese zu bearbeiten. Letztlich stellt sich die Frage, wie die Balance zwischen politischer Betätigung und der Erhaltung der Gemeinnützigkeit gefunden werden kann, während die Parteien weiterhin über die Rolle der NGOs in der deutschen politischen Landschaft diskutieren.