Seit dem gestrigen Abend besetzen Dutzende pro-palästinensische Studierende und Aktivisten das Audimax der Alice-Salomon-Hochschule in Marzahn-Hellersdorf. Die Rektorin Bettina Völter hat diese Besetzung bestätigt und dabei auch Studierende der Hochschule unter den Besetzern anerkannt. Gespräche zwischen der Hochschulleitung und den Aktivisten laufen derzeit, jedoch ohne konkrete Details zu nennen, da ein „geschützter Dialograum“ bestehen soll. Die Polizei ist mit Kräften vor Ort, konnte bisher jedoch keine Straftaten feststellen und erhielt auch keinen Strafantrag vom Hauseigentümer.
Die Besetzung wurde zuvor über Social-Media-Kanäle der pro-palästinensischen Szene in Berlin angekündigt. Es besteht die Vermutung, dass sich auch Personen aus anderen Städten im besetzten Hörsaal befinden, einschließlich Akteuren, die bereits an früheren Besetzungen an anderen Universitäten teilgenommen haben. Die Alice-Salomon-Hochschule duldet die Besetzung vorerst, da die Rektorin keinen Anlass sieht, vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Bisher verläuft die Aktion friedlich und es wurden keine Sachbeschädigungen registriert. Die Besetzer streben an, einen Raum für Diskurs zu schaffen.
Proteste und Gegenproteste
Zusätzlich zur Besetzung fanden gestern vor der Hochschule auch pro-palästinensische Proteste statt, an denen etwa 150 Teilnehmer teilnahmen. Diese Feierlichkeiten standen unter dem Motto „Solidarität mit der Zivilbevölkerung in Palästina“. Die Versammlung verlief friedlich, trotz der Verwendung von Begriffen wie „Völkermord“ und „Apartheid“. Ein CDU-Bundestagsabgeordneter hielt währenddessen eine Rede und zahlreiche Teilnehmer hielten Plakate mit Fotos von von der Hamas entführten Geiseln.
Gleichzeitig kam es zu einer Gegendemonstration mit 45 Teilnehmern, die für „Solidarität mit Israel“ eintraten. Auch diese Veranstaltung wurde von der Polizei überwacht, die insgesamt 150 Kräfte einsetzte, um sicherzustellen, dass es keine Konflikte zwischen den verschiedenen Gruppen gab. Einmal kam es zwar zu Wortgefechten, jedoch gab es keine Anzeigen oder Festnahmen. Die Polizei hatte eine Pufferzone eingerichtet, um die beiden Gruppen voneinander zu trennen.
Das große Ganze
Diese aktuellen Proteste sind Teil einer zunehmenden Welle pro-palästinensischer Aktionen an Universitäten in Deutschland. Insbesondere in Städten wie Berlin, Bremen und Leipzig zeigt sich eine wachsende Mobilisierung. Diskussionen über die Grenzen zwischen legitimer Israel-Kritik und Antisemitismus sind im Gange. Der Hochschulverband kritisiert dabei gewaltsame Proteste und betont, dass Universitäten Räume für differenzierte Auseinandersetzungen sein sollten. Im Kontext des Konflikts im Gazastreifen, der seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 neue Dimensionen angenommen hat, ist die Thematik besonders brisant. Über 34.800 Menschen wurden laut dem Gesundheitsministerium der Hamas bereits in den israelischen Angriffen getötet.
Die Berliner SPD hat die Hochschule aufgefordert, das Hausrecht konsequent durchzusetzen und kritisiert die Einschätzung der Rektorin hinsichtlich der Lage. Während Hochschuldozenten das Recht auf friedlichen Protest unterstützen, äußern andere, wie Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Bedenken hinsichtlich einer möglichen Eskalation der Proteste. Laith Arafeh, der Botschafter der Palästinensischen Autonomiebehörde, verteidigt die Proteste und hebt die Bedeutung der freien Meinungsäußerung hervor.
In diesem Spannungsfeld aus Protesten und Reaktionen bleibt abzuwarten, wie sich die Situation an der Alice-Salomon-Hochschule und darüber hinaus entwickeln wird, während die Diskussion über die Legitimierung solcher Aktivitäten weiterhin intensiv geführt wird.