BerlinNeubrandenburg

„Von der Karikatur zur Legende: Krenz und das Plakat der Wende“

VorfallSonstiges
OrtBerliner Alexanderplatz

Ein einfaches Plakat, das aus einem beidseitig bemalten Keilrahmen und zwei Besenstielen bestand, hat die Welt im Jahr 1989 erschüttert. Dieses scheinbar harmlose Kunstwerk, geschaffen von Joachim „Hamster“ Damm, wurde zum Symbol der Wende und zierte sogar die Titelseite der New York Times. Der Künstler, der damals an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studierte, entblößte mit seiner Karikatur des DDR-Staatschefs Egon Krenz die Absurditäten des Systems. Unter dem Bild, das Krenz mit einer Nachthaube zeigt, prangte der provokante Spruch: „Großmutter, warum hast du so große Zähne?“, wie der Nordkurier berichtete.

Am 4. November 1989, während der größten nicht staatlich gelenkten Demonstration in der Geschichte der DDR, erregte Damm mit seinem Plakat große Aufmerksamkeit. „Die Leute hatten irgendwie keine Angst mehr“, erinnert sich der Künstler. Die Demonstration fand auf dem Berliner Alexanderplatz statt, wo Tausende von Menschen für Freiheit und Veränderung eintraten. Damm, der das Plakat in einer Nacht entworfen hatte, erlebte die aufkommende Revolution hautnah. Sein Werk war nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein Ausdruck des kollektiven Unmuts über das Regime.

Ein Symbol des Wandels

Die Atmosphäre war elektrisierend. Während Damm auf dem Balkon des „Palasts der Republik“ stand, war sein Bruder in der Nähe mit scharfer Munition in Bereitschaft. „Es wimmelte nur so von Stasi“, erinnert sich Damm an die angespannte Lage. Doch die Menschen waren entschlossen, ihre Stimme zu erheben. Als ein Pfarrer rief: „Ihr müsst nach vorn mit dem Plakat!“, klickten die Kameras der Westfotografen. Das Motiv wurde schnell berühmt und zierte bald zahlreiche Zeitschriften und Medienberichte, die an die Ereignisse des Mauerfalls erinnerten.

„Es war ja auch eine gute Idee, diese philosophische Drehung mit einem Märchenzitat, durch das der Staatschef entlarvt wird“, sagt Damm stolz. Tantiemen oder Rechte an seinem Werk zu fordern, kam ihm nicht in den Sinn. „Um die Verwertung habe ich mich nicht gekümmert“, erklärt er. Stattdessen genoss er die Aufmerksamkeit und die Anerkennung, die sein Plakat erhielt. Doch nicht alles war unbeschwert. Einmal sah Damm sein Motiv als Postkarte im Museum für Deutsche Geschichte und musste sich gegen den Vertrieb wehren.

Ein Blick auf die Gegenwart

Die Erinnerungen an diese aufregende Zeit sind für Damm bittersüß. Er reflektiert über die Naivität der damaligen Bürgerrechtsbewegung und die Herausforderungen, die die schnelle Wiedervereinigung mit sich brachte. „Man wirft uns Naivität vor, wir ‚doofen Ossis‘ hätten doch wissen müssen, dass das Engagement für eine neue DDR sinnlos gewesen sei“, sagt er. Damm glaubt, dass die heutige Generation die Traumata der DDR-Bürger aufarbeitet und die Wurzeln der AfD-Attraktivität in den „abgehängten“ Regionen auch in der schnellen Wiedervereinigung sieht, wie Nordkurier berichtet.

Joachim Hamster Damm ist heute ein erfolgreicher Bühnenbildner und lebt in Panschenhagen bei Waren. Sein Plakat bleibt ein eindrucksvolles Zeugnis der Wende und der kreativen Widerstandskraft der Menschen in der DDR. „Es war eine geile Zeit, solange man nicht im Knast landete“, schließt er mit einem Schmunzeln und erinnert sich an die unvergesslichen Momente der Freiheit und des Wandels.

Ort des Geschehens

Quelle/Referenz
nordkurier.de
Schließen

Werbung nervt!

Das wissen wir. Dennoch sind ein paar nicht störende Werbebanner nötig, damit unsere Server brav ihren Dienst leisten. Schalten Sie bitte den Adblocker aus. Wir nutzen weder Popups noch andere nervige Werbeformen.