Heute haben mehr als 60 deutschsprachige Hochschulen und Forschungsinstitutionen beschlossen, ihre Aktivitäten auf der Plattform X (ehemals Twitter) einzustellen. Der Rückzug ist eine klare Reaktion auf die Entwicklungen und Veränderungen, die sich auf der Plattform vollzogen haben. Dies berichten Uni Mainz sowie Tagesspiegel.

Die Entscheidung dieser Institutionen beruht maßgeblich auf der fehlenden Vereinbarkeit der Plattformausrichtung mit ihren Grundwerten, zu denen Weltoffenheit, wissenschaftliche Integrität und Transparenz gehören. Die Hochschulen betonen, dass die algorithmische Verstärkung von rechtspopulistischen Inhalten sowie die bevorstehenden Einschränkungen organischer Reichweite eine weitere Nutzung der Plattform unvertretbar machen.

Der Rückzug als Signal

Mit der Entscheidung wollen die Hochschulen ihren Einsatz für faktenbasierte Kommunikation und gegen antidemokratische Kräfte unterstreichen. Die Initiative soll zudem den Fokus der Wissenschaftskommunikation auf Alternativen zu sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram lenken, während auch Fragen zur zukünftigen Präsenz auf sozialen Medien aufgeworfen werden. Es bleibt unklar, wie viele Institutionen künftig in Bezug auf diese Plattformen agieren möchten.

Besonders hervorzuheben ist, dass in Berlin keine Universität mehr auf X vertreten sein wird, da bereits vorher die Freie Universität und die Technische Universität ihre Accounts aufgegeben hatten. Alle Hochschulen in Brandenburg haben ebenfalls kollektiv den Austritt beschlossen, was erneut die Entschlossenheit der Akademiker unterstreicht.

Verluste der Reichweite und emotionale Diskussionen

Die sinkende Reichweite von Tweets ist ein weiterer Grund für den Rückzug. Beispielsweise erreichten die Tweets der Goethe-Universität Frankfurt zuletzt nur eine dreistellige Zahl an Nutzern, obwohl sie über 30.000 Follower hatten. Diese Beobachtung wird von den Instituten als Beleg für die mangelnde Effizienz und den veränderten Umgang der Nutzer mit sozialen Medien interpretiert.

Soziale Medien führen nicht nur zu einem Rückgang der Reichweite für wissenschaftliche Inhalte. Sie schaffen auch neue Kommunikationsstrukturen, die zu einer emotionalen Diskussion und teilweise Radikalisierung in Communitys führen können. Dieser Aspekt wird in einem Beitrag von Academia aufgegriffen, der die Herausforderungen behandelt, die soziale Medien der Wissenschaftskommunikation bieten.

Insgesamt können die Veränderungen auf der Plattform X als Teil eines größeren Trends in der Wissenschaftskommunikation und in sozialen Medien gesehen werden, wo neue Akteure massenmediale Wirkungen erzielen und antiaufklärerische Inhalte florieren können. Der Rückzug der Hochschulen mag ein Wendepunkt sein, um die Richtung der wissenschaftlichen Kommunikation neu zu bestimmen und diese den Werten anzupassen, für die sie stehen.

Liste der betroffenen Institutionen

Institution
Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft
Bauhaus-Universität Weimar
Berliner Hochschule für Technik
Brandenburgische Technische Universität Cottbus – Senftenberg
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Deutsche Sporthochschule Köln
Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)
Fachhochschule Dortmund
FernUniversität in Hagen
Freie Universität Berlin
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Goethe-Universität Frankfurt
HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Hochschule Anhalt
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg
Hochschule Darmstadt
Hochschule der Bildenden Künste Saar
Hochschule für Musik und Theater Hamburg
Hochschule für Philosophie München
Hochschule Furtwangen
Hochschule München
Hochschule Neubrandenburg
Hochschule Osnabrück
Hochschule RheinMain
Hochschule Ruhr West
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Vogelforschung
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Justus-Liebig-Gesellschaft
Justus-Liebig-Universität Gießen
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen
Kirchliche Hochschule Wuppertal
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung
Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
Medizinische Universität Innsbruck
Philipps-Universität Marburg
RWTH Aachen
Technische Hochschule Georg Agricola
Technische Hochschule Köln
Technische Universität Braunschweig
Technische Universität Darmstadt
Technische Universität Dresden
Universität Bamberg
Universität Bayreuth
Universität der Künste Berlin
Universität des Saarlandes
Universität Duisburg-Essen
Universität Erfurt
Universität Greifswald
Universität Heidelberg
Universität Innsbruck
Universität Münster
Universität Potsdam
Universität Siegen
Universität Trier
Universität Ulm
Universität Würzburg
Universität zu Lübeck
Westsächsische Hochschule Zwickau