Am Donnerstag, dem 13. Februar, lädt die Europa-Universität Viadrina zu einer interessanten Veranstaltung mit dem Titel „TraumaTische GegenWarten, …Oder?!“ ein. Organisiert wird die Veranstaltung von der Kulturwissenschaftlerin Katharina Blumberg-Stankiewicz und der Philosophiin Dr. Alina Kokoschka. Sie beginnt um 18.00 Uhr im Gräfin-Dönhoff-Gebäude, Raum 102.
Ein besonderer Auftakt wird durch die Vorführung des Kurzfilms „Vom Verschwinden“ von Sven Johne geboten. Der Film thematisiert eine intergenerationelle Familiengeschichte im Nachkriegs-Ostdeutschland und wird von einem Künstlergespräch begleitet. Johne ist mehrfach für seine Arbeiten ausgezeichnet worden, was das Ereignis zusätzlich aufwertet.
Künstlerische Perspektiven und persönliche Erfahrungen
Das Programm umfasst zudem die Vorstellung des Projekts „O-der Töne. Mensch, Land, Fluss – ein Podcast mit uneindeutigen Gesprächen vom Rand der Mitte Europas“. Dabei gewähren Blumberg-Stankiewicz und Kokoschka Einblicke in ihre aktuellen Arbeiten. Gäste haben die Gelegenheit, über ihre persönlichen Oder-Erfahrungen zu sprechen und sich mit anderen Teilnehmenden auszutauschen.
Ein Höhepunkt der Veranstaltung wird die Eröffnung der Fotoausstellung „Oder-Los“ von Oleksandra Bienert sein, die für ihr Engagement in den deutsch-ukrainischen Beziehungen, unter anderem mit dem Verdienstorden des Landes Berlin 2022 und der Pankower Bezirksmedaille 2024 ausgezeichnet wurde. Gemeinsam haben alle Projekte das Ziel, einen neuen Blick auf die Oder zu werfen, wobei künstlerische, historische, ökologische und gesellschaftliche Perspektiven einfließen.
Die Hintergründe für den Podcast sind spannend und tief verwurzelt in der Vergangenheit: Die Idee entstand nach dem deutsch-polnischen Workshop „TraumaTische GegenWarten“ im Jahr 2022, der zusammen mit der Initiative „Zwischen den Polen“ konzipiert wurde. Unterstützt wird das Projekt vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg.
Die Auswirkung transgenerationaler Traumata
Ein zentraler Aspekt in der Thematisierung von Trauma ist das Konzept der transgenerationalen Traumata, die in Familien von Generation zu Generation weitergegeben werden können. Untersuchungen zeigen, dass unverarbeitete seelische Verletzungen nicht nur in den Erinnerungen der Betroffenen verbleiben, sondern auch durch verschiedene Wege, einschließlich genetischer und psychologischer Faktoren, an Nachkommen vererbt werden können. Gerade in Familiengeschichten, wie der von Lilli Heinemann, die durch die Erfahrungen ihrer Großeltern geprägt sind, lässt sich dies deutlich erkennen.
Lilli Heinemann hat intensiv zu den transgenerationalen Traumata ihrer Familie geforscht. Sie entdeckte, dass ihre Großeltern, bevor sie und ihre Schwester geboren wurden, über die schrecklichen Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs und ihre Auswirkungen nie offen gesprochen hatten. Dabei wurde ihr Großvater 1945 überfallen und überlebte nur, indem er sich tot stellte. Dies hat nicht nur sein Leben geprägt, sondern auch das ihrer Familie, ohne dass je darüber gesprochen wurde. Ihr Beispiel verdeutlicht, wie familiäre Geschichten und zum Teil doloröse Erinnerungen auch künftige Generationen beeinflussen können.
Psychologinnen wie Sandra Konrad erklären, dass unbewältigte Traumata durch familiäre Erzählungen und Bindungserfahrungen vererbt werden können. Wenn Kinder die Emotionen ihrer Vorfahren erleben, ohne die zugrundeliegenden Geschichten zu kennen, kann dies zu einem Gefühl der Belastung führen, das oft nicht verständlich ist. Lillis Forschung und die Suche nach dem Verständnis ihrer Familiengeschichte hat ihr nicht nur ein Gefühl der Selbstermächtigung gegeben, sondern auch die Bedrohlichkeit, die von diesen unausgesprochenen Erlebnissen ausging, gemildert.
Durch die Auseinandersetzung mit diesen Themen und dem Austausch über persönliche Erfahrungen wird die Veranstaltung an der Viadrina sicherlich einen wertvollen Beitrag zur Diskussion über Erinnern und Vergessen leisten, insbesondere im Hinblick auf die Herausforderungen, die transgenerationale Traumata mit sich bringen können.
Für weitere Informationen zu den Zusammenhängen von Trauma und Erinnerung, können Interessierte auf die Seiten von Deutschlandfunk Nova und Bundestag zugreifen.