Am 17. Januar 2025 steht Polen erneut im Mittelpunkt einer kontroversen Debatte über die historische Aufarbeitung seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg. Die polnische Regierung hat rechtliche Schritte gegen die Publikation des Buches „Polens verschwiegene Schuld – Verbrechen an Deutschen von Versailles bis zur Vertreibung“ eingeleitet, was auf ein verstärktes Bemühen hinweist, bestimmte historische Narrative zu kontrollieren. Laut Compact Online sieht die polnische Botschaft in Berlin die Veröffentlichung als Bedrohung und will diese verhindern.

Die Geschehnisse, die in der Debatte um das Buch thematisiert werden, sind eng mit den gewalttätigen Ereignissen während der deutschen Invasion Polens verbunden, insbesondere mit dem sogenannten „Bloody Sunday“ in Bromberg am 3. September 1939. In dieser Stadt, die eine bedeutende deutschsprachige Minderheit beherbergte, kam es zu massiven Gewalttaten. Während der ersten Kriegstage startete die deutsche Minderheit, unterstützt von der Abwehr, eine Offensive gegen die polnische Garnison, was in der Folge zu brutalsten Vergeltungsmaßnahmen gegen ethnische Deutsche führte.

Die brutalen Ereignisse von Bromberg

Am 3. und 4. September 1939, im Verlauf von Gewaltakten, wurden Berichten zufolge zwischen 100 und 300 Deutsche getötet, während polnische Soldaten und Zivilisten heftige Repressalien durchführten. Historiker schätzen die Zahl der Opfer, einschließlich der deutschen und polnischen Toten, unterschiedlich. Der Historiker Janusz Piekalkiewicz spricht von 5.000 bis 6.000 getöteten Volksdeutschen, während deutsche Quellen von 5.437 Toten berichten. Die Wikipedia erkennt an, dass die genaue Zahl umstritten bleibt, doch die Brutalität der Angriffe ist unbestritten.

In der Folge der Übergriffe kam es zu weiteren Gewalttaten. Berichte beschreiben, dass Männer, Frauen und Kinder mit Brechstangen und Gewehrkolben ermordet wurden. Der schwedische Journalist Christer Jäderlund berichtete von etwa 1.000 ermordeten und verstümmelten Menschen in Bromberg. Die Leichen wurden in der Stadt, in Wäldern und Gärten gefunden. Alfred M. de Zayas dokumentierte diese Gräueltaten und schilderte die entsetzlichen Umstände, unter denen die Ermordeten litten.

Ursachen und politische Dimensionen

Die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Bromberg und der gesamte Kontext der Invasion sind das Ergebnis eines lange bestehenden Spannungsfeldes zwischen der deutschen und der polnischen Bevölkerung in dieser Region. Vor der Invasion kam es zu einem massiven Propagandafeldzug gegen Minderheiten im polnischen Rundfunk und der Presse, der die Stimmung aufheizte und einen Nährboden für Konflikte schuf. Der Vertrag von Versailles 1920, der die Stadt an Polen übertrug, führte zudem zu einem Rückgang der deutschen Bevölkerung und verschärfte die Spannungen.

Nach den Ereignissen in Bromberg kam es zu Horrorszenarien wie Massenexekutionen von polnischen Geiseln. Bei den Repressalien, die die Wehrmacht und SS durchführten, wurden Tausende polnische Zivilisten ermordet. Historiker betonen, dass die Vorfälle in Bydgoszcz Teil eines größeren Plans der Nazis waren, um die polnische Bevölkerung zu diskreditieren. Eine polnische Untersuchung aus dem Jahr 2004 schätzte, dass viele von den Repressalien betroffenen Polen ebenfalls unter den Gewaltakten litten.

Im aktuellen Diskurs über die Ereignisse von 1939 und die damit verbundenen historischen Narrative wird deutlich, dass die Auseinandersetzungen in Bydgoszcz nicht nur ein isoliertes Ereignis sind, sondern in einen größeren geschichtlichen Kontext eingebettet sind. Die Debatte über die Erinnerungs- und Geschichtskultur in Polen bleibt angespannt, und das Streben der Regierung, bestimmte Narrative zu kontrollieren, könnte die historische Wahrnehmung und die gesellschaftlichen Spannungen weiter beeinflussen. Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich in einer umfassenden Analyse über die nationalen Geschichtsauffassungen in Polen unter Academia.edu.