Im Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg gibt es seit dem vergangenen Jahr erhebliche Probleme bei der Versorgung von extremen Frühchen, also Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1250 Gramm. Laut einer aktuellen Mitteilung wurden im Jahr 2022 lediglich sieben solcher Babys geboren, was deutlich unter der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmenge für ein Perinatalzentrum Level 1 liegt. Um diesen Status zu erhalten, müssen jährlich mindestens 25 Fälle registriert werden. Seit zwei Jahren dürfen in Neubrandenburg keine extremen Frühchen mehr regulär behandelt werden, außer in akuten Notfällen, die 2024 sieben Mal auftraten, wie nordkurier.de berichtet.
Die Situation ist für Schwangere in der Region äußerst belastend, da es zwischen Rostock und Greifswald sowie bis nach Berlin keine Level 1 Klink gibt. Dies zwingt viele werdende Mütter, sich oft in ungewohnte und weit entfernte Einrichtungen zu begeben. Dr. Sven Armbrust, der Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, hebt die hohe Behandlungsqualität in Neubrandenburg hervor, sieht aber auch die Notwendigkeit, flexiblere Kriterien für die Mindestmengenregelung zu fordern.
Diskussion um den Level 1-Status
Der Verlust des Level 1-Status wird von vielen Familien als faktische Schließung der Frühchen-Station wahrgenommen, was zu großer Verunsicherung führt. Auch Schwangere, die früh geboren werden könnten, wurden verstärkt vorsorglich in Level 1-Zentren verlegt. So mussten 2023 acht Schwangere auf diese Weise transferiert werden, wie auch das Ärzteblatt feststellt.
Die im Jahr 2020 vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossene Erhöhung der Mindestfälle für extrem frühe Frühgeborene von 14 auf 20 pro Jahr trägt zur Krise bei, insbesondere da der Klinikstandort Neubrandenburg in der Vergangenheit Schwierigkeiten hatte, diese Anzahl zu erreichen. Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) schlug eine einjährige Ausnahmegenehmigung vor, die jedoch von den Landesverbänden der Krankenkassen abgelehnt wurde. Dies führt dazu, dass die reguläre Behandlung von extrem Frühgeborenen künftig in anderen Städten wie Berlin, Greifswald oder Rostock erfolgen muss.
Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten
Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Geburtenstation im Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum bestehen. Die Behandlung von Frühchen mit einem Gewicht von über 1250 Gramm ist weiterhin ohne Einschränkungen möglich. In sehr seltenen Notfällen kann das Klinikum jedoch auch die Erstversorgung von Babys mit geringerem Gewicht übernehmen, wie in der aktuellen Mitteilung dargestellt.
Die Diskussion um den Erhalt des Level 1-Status ist weiterhin lebhaft, und eine Petition mit etwa 110.000 Unterschriften, die in der politischen Debatte behandelt wurde, verdeutlicht das große öffentliche Interesse an der Angelegenheit. Dennoch steht eine abschließende Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums aus. Für die betroffenen Familien und deren Neugeborene bleibt es entscheidend, dass die Qualität der medizinischen Versorgung in der Region sichergestellt bleibt.