Nach der Gewalttat in Aschaffenburg, die Fragen zur Gefährlichkeit des Täters aufwirft, steht eine umfassende Diskussionsrunde um den Umgang mit psychisch erkrankten Straftätern im Raum. Wie die Berichterstattung von rbb24 verdeutlicht, war der Täter, ein Mann aus Afghanistan, polizeibekannt und mit 18 Ermittlungen, darunter auch wegen Körperverletzung, belastet. Trotz dieser Vorgeschichte wurde die Gefahr, die von ihm ausging, nicht frühzeitig erkannt. Er hatte einen abgelehnten Asylantrag und war somit ausreisepflichtig.
Im Berliner Abgeordnetenhaus wurde die Frage aufgeworfen, wie viele Personen dem Profil des Täters entsprechen. Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) stellte klar, dass es keine systematische Erfassung solcher Personen gibt. Doch die Berliner Polizeigewerkschaft drängt auf die Einrichtung einer Datenbank, um polizeibekannte Straftäter mit psychischen Erkrankungen und Asylanträgen besser zu erfassen und ein Warnsystem zur Risikobewertung zu schaffen.
Die Forderungen der Polizeigewerkschaft
Aktuell existieren nur personengebundene Hinweise (PHW) in der Polizeidatenbank, die für taktische Zwecke verwendet werden. In Berlin sind derzeit 814 PHW-Vermerke zu psychischen und Verhaltensstörungen verzeichnet (Stand Januar 2025). Die Gewerkschaft kritisiert zudem die unzureichende Vernetzung zwischen den Sicherheitsbehörden.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) warnt jedoch alarmiert vor der Idee einer Datenbank, die Menschen mit psychischen Erkrankungen erfassen soll. Laut DGPPN ist eine solche Maßnahme nicht zielführend, stigmatisierend und könnte gefährlich sein. Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Präsidentin der DGPPN, hebt hervor, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht gewalttätiger als Personen ohne diese Diagnosen sind.
Die Stigmatisierung psychisch Erkrankter
Die Diskussion über die Erfassung von psychisch Erkrankten öffnet das Thema der Stigmatisierung. Menschen mit psychischen Erkrankungen erleben erhebliche Diskriminierung im Alltag und sehen sich häufig mit Vorurteilen konfrontiert, wie Psychologie Heute beschreibt. Betroffene verlieren oft ihren sozialen Status und erleben Isolation sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld.
Die Angst vor Stigmatisierung führt dazu, dass viele Menschen ihre Erkrankung nicht offenbaren und aus Angst vor Vorurteilen keine Hilfe suchen. In der Tat kann die Stigmatisierung als zweite Krankheit betrachtet werden, die die Genesung beeinträchtigt. Historisch gesehen waren Vorurteile gegenüber psychisch Erkrankten nie weg und sie haben in den letzten Jahrzehnten nicht abgenommen.
Handlungsbedarf für eine wirkungsvolle Prävention
Die Prävention von Gewalt durch psychisch Erkrankte erfordert daher einen anderen Ansatz. Anstatt eine zentrale Erfassung zu schaffen, plädiert die DGPPN für frühzeitige, koordinierte und intensive Behandlungen von Menschen mit psychischen Erkrankungen, um gewaltsamen Übergriffen vorzubeugen. Reformen, strukturierte Behandlungsansätze und ausreichende Ressourcen sind unerlässlich, um die psychische Gesundheit nachhaltig zu fördern und Missverständnisse auszuräumen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Herausforderungen im Umgang mit psychisch erkrankten Personen komplex sind und einer differenzierten Betrachtung bedürfen. Der Dialog zwischen Sicherheitsbehörden und psychologischen Fachgesellschaften ist dringend erforderlich, um gemeinsam effektive Lösungen zu finden, die sowohl der Sicherheit der Gesellschaft als auch dem Schutz der Menschen mit psychischen Erkrankungen dienen.