Chinas Landwirtschaftsminister Tang Renjian steht vor einer Entlassung aus seinem Amt aufgrund von möglichen Verstößen gegen Disziplin und Gesetz. Die Entscheidung wurde von der Zentralen Disziplinar-Kommission bekanntgegeben, Chinas oberster Anti-Korruptionsbehörde. Genauere Angaben zu den Vorwürfen wurden zunächst nicht gemacht. Es ist üblich, dass eine offizielle Ankündigung dieser Art den Verlust des Amtes für den Betroffenen bedeutet.
Wenn die Entlassung von Minister Tang bestätigt wird, wäre er der dritte Minister, der während der dritten Amtszeit von Staats- und Parteichef Xi Jinping sein Amt verliert. Zuvor wurden bereits der ehemalige Außenminister Qin Gang und der ehemalige Verteidigungsminister Li Shangfu entlassen. Über die Ermittlungen gegen Qin und Li gibt es jedoch bis jetzt keine offiziellen Erklärungen.
Tang arbeitete seit Jahrzehnten im Bereich Landwirtschaft und war seit 2020 Agrarminister. Zuvor war er Gouverneur der Provinz Gansu. In dieser Provinz werden derzeit Untersuchungen gegen den ehemaligen Vorsitzenden der China National Chemical Corporation, Ren Jianxin, durchgeführt. Es wird vermutet, dass Ren Jianxin ein Übernahmeangebot für das Schweizer Agrochemie-Unternehmen Syngenta im Wert von 43 Milliarden Dollar erwirkt haben soll. Ob es einen Zusammenhang mit den Untersuchungen gegen Landwirtschaftsminister Tang gibt, bleibt jedoch Spekulation.
Landwirtschaft und eine autarke Lebensmittelversorgung sind prioritäre Themen für Xi Jinping und seine Vorgänger, da unter Mao Tse-tung Millionen Chinesen verhungerten. Obwohl sich die Ernährungssituation in China seitdem erheblich verbessert hat, verfügt das Land immer noch lediglich über etwa zehn Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche weltweit, obwohl es 20 Prozent der Weltbevölkerung ausmacht. China bleibt daher weiterhin auf landwirtschaftliche Importe angewiesen.
Minister Tang betonte erst im März auf dem Volkskongress die Bedeutung der Ernährungssicherheit für China. Er erklärte, dass die Gewährleistung ausreichender Nahrungsmittel für die Menschen die oberste Priorität der Regierung sei, wie auch von Generalsekretär Xi Jinping betont wurde. Tang präsentierte dort auch Statistiken, die belegen sollten, dass Chinas Getreideproduktion neun Jahre in Folge 650 Millionen Tonnen überschritten habe. Die Glaubwürdigkeit dieser Zahlen wurde von chinesischen Reportern in Frage gestellt, jedoch beteuerte Tang, dass diese Daten genau, zuverlässig und absolut glaubwürdig seien.
Die Gründe für das plötzliche Verschwinden des Ministers werden nun in den sozialen Medien in China heftig diskutiert und spekuliert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickeln wird und ob weitere Informationen über die Vorwürfe gegen Tang Renjian bekanntgegeben werden.