Die italienische Finanzszene steht momentan im Fokus intensiver Aktivitäten, vor allem seit Andrea Orcel, der CEO der Mailänder Großbank Unicredit, am Wochenende für Aufregung sorgte. Unicredit hat 4,1 Prozent der Aktien von Generali, dem größten Versicherer Italiens, an der Börse erworben und besitzt indirekt weitere 0,6 Prozent. Orcel stellte klar, dass es sich dabei nicht um eine strategische Investition handelt, sondern um einen finanziellen Schritt. Der Wert des Generali-Anteils beläuft sich auf knapp zwei Milliarden Euro, was die Relevanz dieser Transaktion unterstreicht.
In Italien tobt ein Machtkampf um die Kontrolle von Generali, das ein verwaltetes Vermögen von über 800 Milliarden Euro verwaltet. Die Regierung unter Giorgia Meloni versucht, ihren Einfluss auf die Finanzbranche auszubauen. Ein Showdown um Generali ist für Anfang Mai angesetzt, wenn die Hauptversammlung einen neuen Verwaltungsrat wählt. Unicredit wird als fünftgrößte Aktionärin an diesem wichtigen Ereignis teilnehmen, was Orcel die Möglichkeit geben könnte, das Stimmengewicht von Unicredit einer der rivalisierenden Fraktionen anzubieten.
Machtkampf und Übernahmepläne
Die aktuellen Aktivitäten von Unicredit sind auch im Kontext der Übernahmeangebote für die Commerzbank und BPM zu sehen, Beschlüsse, die Orcel mit Widerstand aussetzte. Sowohl die Regierungen in Berlin als auch in Rom wehren sich gegen feindliche Übernahmen durch Unicredit, was die Komplexität der Situation verdeutlicht. Der Anfang dieses Machtkampfes wurde Ende Januar durch die staatliche Bank Monte dei Paschi di Siena eingeläutet, die ein Interesse an Mediobanca formulierte. Mediobanca ist die Mehrheitsaktionärin von Generali und hat sich vehement gegen eine Übernahme gewehrt.
Zusätzlich zu diesen internen Auseinandersetzungen sieht sich Italien im internationalen Wettbewerb um ausländische Investitionen konfrontiert. Laut einer Analyse belegte Italien im Aibe 2024 Superindex mit 63,9 von 100 Punkten den neunten Platz unter den G20-Staaten. Deutschland, Kanada und Südkorea führen diese Rangliste an. Im Jahr 2023 verzeichnete Italien einen Kapitalzufluss von 38,9 Milliarden Euro, doch im ersten Halbjahr 2024 sank dieser Zufluss um alarmierende 61,6 Prozent auf lediglich 8 Milliarden Euro.
Herausforderungen für ausländische Investitionen
Diese signifikante Abnahme des ausländischen Kapitals kann auf kritische Probleme in den Bereichen Digitalisierung und Innovation zurückgeführt werden, die die Wahrnehmung der Anleger negativ beeinflussen. Italiens Staatsverschuldung beträgt derzeit 2.868 Milliarden Euro, während die geschätzte Nettoverschuldung bei 3,8 Prozent des BIP liegt. Prognosen des Internationalen Währungsfonds ergeben ein globales BIP-Wachstum von 3,2 Prozent für 2024.
Für die italienische Regierung besteht nun die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verbesserung des Geschäftsumfelds zu ergreifen, um die Korruptionswahrnehmung zu vermindern und ausländische Investitionen anzuziehen. Mit dem Druck des internationalen Marktes im Rücken und dem internen Machtkampf um Generali könnte diese Phase für Italien entscheidend werden.