EU-Abgeordneter Sergej Lagodinsky hat seine Kandidatur für die Direktkandidatur der Grünen in Pankow für die bevorstehende Bundestagswahl bekannt gegeben. Lagodinsky gab seine Entscheidung am Samstagvormittag bekannt und wird gegen den amtierenden Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar antreten, der derzeit wegen schwerwiegender Vorwürfe der sexuellen Belästigung unter Druck steht.
Lagodinsky, der seit 2019 Mitglied des EU-Parlaments ist und 2024 über die Landesliste erneut gewählt wurde, erklärte, dass er einen starken Wahlkampf führen und die Einigkeit im Kreisverband stärken möchte. Er nannte die aktuelle Krise der Grünen in Pankow als wichtigen Beweggrund für seine Kandidatur. Neben Lagodinsky kandidieren auch Yüksel Calis und Paul Eschenhagen als Basis-Kandidaten, deren Erfolgschancen jedoch als gering eingeschätzt werden. Bislang gibt es keine weiblichen Kandidaten für die Direktkandidatur.
Kandidatenrunde und Vorwürfe gegen Gelbhaar
Eine parteiinterne Kandidatenrunde ist für Samstagabend geplant, gefolgt von einer internen Fragerunde am Montagabend. Die Wahl des Direktkandidaten findet am Mittwochabend statt. Der Anlass für die Neuwahl ist eine Reihe von ungeklärten Vorwürfen gegen Gelbhaar, der seit 2017 im Bundestag sitzt. Gelbhaar wurde erst Mitte November mit 98,4 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten gewählt.
Die Ombudsstelle der Bundespartei behandelt derzeit Vorwürfe von mehreren Frauen, die Gelbhaar sexuelle Belästigung und Nötigung vorwerfen. Während Gelbhaar einige dieser Vorwürfe als „frei erfunden“ bezeichnet, spricht er von einer „politisch motivierten Schmutzkampagne“ und hat angekündigt, trotz des Drucks erneut für das Direktmandat antreten zu wollen. Der Bezirksvorstand der Grünen in Pankow hat ihn aufgefordert, auf die Kandidatur zu verzichten, was sowohl vom Landes- als auch vom Bundesvorstand unterstützt wird.
In einem weiteren Schritt hat Gelbhaar seine Kandidatur für die Landesliste der Berliner Grünen zurückgezogen, wie rbb24.de berichtete. Der Grund für diesen Rückzug sind die Belästigungsvorwürfe, die parteiintern geklärt werden sollen. Gelbhaar strebt jedoch an, bis zur Neuwahl als Direktkandidat zu bleiben. Die Vorwürfe gegen ihn wurden in einer Schaltkonferenz des linken Berliner Parteiflügels fünf Tage vor dem Parteitag am 14. Dezember erhoben.
Die Beschuldigungen gegen Gelbhaar umfassen mehrere Meldungen, die bislang bei der Ombudsstelle der Grünen Bundespartei eingegangen sind. Eine Sprecherin der Partei bestätigte den Eingang der Beschwerden und dass Gelbhaar sich zu einem Ombudsverfahren bereit erklärt hat. Details zu dem Verfahren bleiben vertraulich, da es sich um einen internen und geschützten Prozess handelt. Gelbhaar war bereits vor einem Jahr mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert und hatte sich ebenfalls einem Ombudsverfahren unterzogen. Der 48-jährige Jurist hat sich in seiner politischen Karriere als Bundestagsabgeordneter und davor im Berliner Abgeordnetenhaus hervorgetan, inklusive einer Zeit als Landesparteivorsitzender der Grünen von 2008 bis 2011.