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Duden 2023: Neue Wörter und Regeln spiegeln unsere Zeit wider

Die 29. Auflage des Duden, die am Dienstag in Berlin erscheint, wurde um 3.000 neue Wörter wie «ChatGPT» und «Klimakleber» erweitert, wodurch sie die bedeutendsten sprachlichen Veränderungen der letzten Jahre widerspiegelt und gleichzeitig 300 veraltete Begriffe streicht, was ihre Relevanz in einer sich wandelnden Gesellschaft unterstreicht.

Berlin (dpa) – Der Duden ist zurück und hat sich vergrößert! In der neuen 29. Auflage, die am Dienstag erscheint, wurden sage und schreibe 3.000 neue Wörter hinzugefügt. Diese Wort-Erweiterung ist nicht nur eine interessante Zahl, sondern spiegelt auch einen tiefen Einblick in die Veränderungen der deutschen Sprache und Gesellschaft wider. Zu den neuen Begriffen zählen unter anderem «Balkonkraftwerk», «Deutschlandticket», «ChatGPT», «Granola» sowie «Klimakleber» und «Ukrainekrieg».

Die Chefredakteurin des Duden, Kathrin Kunkel-Razum, äußerte sich dazu und betonte, dass dieser Nachschlag ein Spiegel ihrer Zeit ist: „Diese Wörter sagen etwas darüber aus, was in den letzten drei bis vier Jahren passiert ist.“ Die neue Ausgabe der bekanntesten Sammlung deutscher Rechtschreibung hat sich somit zu einem bedeutenden Zeitdokument entwickelt.

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Die drei großen Themenbereiche

Wie Kunkel-Razum erklärt, lassen sich die bedeutendsten Sprachveränderungen der letzten Jahre in drei Bereiche unterteilen: Krise, Krieg und Kochen. So hat der Begriff «Coronapandemie» Eingang ins Wörterbuch gefunden, begleitet von Fachbegriffen wie «Antigenschnelltest» und «Coronaleugner/-in». Diese neuen Worte verdeutlichen den massiven Einfluss der COVID-19-Pandemie auf den Alltag der Menschen in Deutschland.

Darüber hinaus beschreiben auch Begriffe wie «Extremwetterereignis», «Flugabwehrsystem» und «Gasmangellage» Krisensituationen in anderen Bereichen und zeugen von aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen. Auf der anderen Seite spiegelt sich die Veränderung in den Ernährungsgewohnheiten in neuen Begriffen wie «Fleischersatz» und «Gemüsekiste» wider, die den Trend zur pflanzlichen Ernährung unterstützen.

Änderungen im Duden: Neue Worte und Streichungen

Der Duden ist jedoch nicht nur eine Sammlung neuer Begriffe; er ist auch ein Lehrmeister der sprachlichen Entwicklung. In dieser Edition werden zudem 300 Wörter entfernt, die in der Alltagssprache kaum noch Verwendung finden. Zu den gestrichenen Begriffen gehören «Frigidär» (Kühlschrank) und «UMTS-Handy». Auch veraltete Schreibvarianten wie «Tunfisch» und «Spagetti» sind nun nicht mehr zulässig.

Kunkel-Razum gibt zu, dass das Entfernen dieser Worte oft schwieriger fällt als das Hinzufügen neuer. „Das Streichen fällt viel schwerer als die Aufnahme von Wörtern“, so die Linguistin. Manchmal kehren auch Wörter zurück: Das Wort «Hackenporsche», ein umgangssprachlicher Ausdruck für einen Einkaufsroller, war in der vorherigen Auflage nicht mehr enthalten und hat sich nun einen Platz zurückerobert, nachdem es Beschwerden gegeben hatte.

Der Duden bleibt dennoch nicht statisch, er wächst und verändert sich parallel zur Gesellschaft. Mit 151.000 Stichwörtern bietet die aktuelle Auflage nun die umfangreichste Abdeckung, die je in diesem Nachschlagewerk zu finden war.

Zusätzlich zur Aufnahme neuer Vokabeln wurden auch einige Rechtschreibregeln angepasst. Das Komma vor einem erweiterten Infinitiv ist beispielsweise wieder obligatorisch. Solche Anpassungen sind Teil der laufenden Entwicklung und Anpassung der deutschen Sprache an moderne Gegebenheiten.

Die Veränderungen im Duden stehen im Kontext einer sich rapide wandelnden Welt, in der technologische und gesellschaftliche Entwicklungen direkt die Sprache der Menschen beeinflussen. Die Bezeichnungen rund um neues Wissen und neue Lebensweisen zeigen, wie dynamisch die deutsche Sprache ist und wie sie sich wandelt, um mit den aktuellen Trends Schritt zu halten. Dabei schafft der Duden nicht nur ein Nachschlagewerk, sondern dokumentiert auch die Zeichen der Zeit in der deutschen Kultur und Gesellschaft.

Ein Nachschlagewerk für die Gegenwart

Der Duden ist mehr als nur ein bloßes Nachschlagewerk; er dient als Indikator für gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen. Die neuen und gestrichenen Begriffe stellen eine Verbindung zu den alltäglichen und politischen Herausforderungen her und gewähren einen einzigartigen Einblick in die Zeitgeschichte. Während sich das Land auf neue Herausforderungen und Chancen vorbereitet, bleibt die deutsche Sprache ein lebendiges und dynamisches Element, das immer wieder neu gestaltet werden muss, um den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden.

Die Aufnahme neuer Wörter in den Duden spiegelt nicht nur aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wider, sondern ist auch ein Ausdruck von kulturellen Trends. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche neue Wörter etabliert, die sich auf Umwelt- und Sozialthemen beziehen. Begriffe wie «Klimakleber» zeigen, wie Aktivitäten für den Klimaschutz, wie beispielsweise die Aktionen von Letzte Generation, in das allgemeine Sprachbewusstsein eingehen. Diese Wortneuschöpfungen sind oft auch Reaktionen auf gesellschaftliche Diskussionen und Herausforderungen, die die Öffentlichkeit bewegen.

Besonders bemerkenswert ist, dass viele der neuen Begriffe eine gewisse Dringlichkeit reflektieren. In der heutigen Zeit, in der Themen wie Klimawandel, Krieg und Gesundheitskrisen omnipräsent sind, zeigt sich, wie Sprache als ein Werkzeug zur Diskussion komplexer Themen fungiert. Die Wortschöpfungen tragen dazu bei, das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen und die gesellschaftliche Debatte zu fördern.

Die Rolle von Sprache in der Gesellschaft

Sprache ist ein lebendiges Medium, das ständig in Bewegung ist. Wörter kommen und gehen, und ihre Verwendung ist oft stark von sozialen, politischen und wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst. Laut dem Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch sind Wörter auch ein Indikator für Veränderungen in der Gesellschaft. «Sprache ist nicht statisch, sie entwickelt sich ständig weiter, um den Bedürfnissen und Anliegen der Menschen gerecht zu werden», betont er.

Die Einbeziehung von modernen Begriffen in den Duden zeigt, wie wichtig es für die Gesellschaft ist, sich weiterzuentwickeln und diese Veränderungen auch sprachlich zu erfassen. Dies ist ein Prozess, der nicht nur die deutsche Sprache betrifft, sondern auch andere Sprachen weltweit beeinflusst, die sich an neue Gegebenheiten und Realitäten anpassen.

Der Einfluss von digitalen Medien auf den Wortschatz

Ein weiterer interessanter Aspekt der aktuellen Duden-Neuerscheinung ist der Einfluss digitaler Medien auf die Sprache. Mit dem Aufkommen von sozialen Netzwerken und instant messaging haben sich zahlreiche neue Begriffe eingetragen, die im Alltag der Menschen relevant sind. «ChatGPT» ist ein Beispiel dafür, wie Technologie und Kommunikation in der digitalen Ära auch unsere Sprachgewohnheiten prägen.

Der Duden hat in dieser Auflage nicht nur Wörter aufgenommen, die in der gesprochenen Sprache häufig verwendet werden, sondern auch solche, die durch digitale Interaktionen populär geworden sind. Dies zeigt, wie dynamisch und anpassungsfähig Sprache ist, insbesondere in einer Zeit, in der digitale Innovationen unser Leben nachhaltig beeinflussen.

Lebt in Hamburg und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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