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Deutsch-polnische Regierungskonsultationen: Neue Schub für Beziehungen und Entschädigungszahlungen?

Berlin und Warschau wollen Zeichen der Aussöhnung setzen

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und zwölf seiner Bundes- und Staatsminister reisten gestern Abend nach Warschau, um den Beziehungen zu Polen einen neuen Schub zu geben. Es waren die ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit fast sechs Jahren.

Während der dreistündigen Beratungen unter Leitung von Scholz und dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk wurde ein Aktionsplan beschlossen. Dieser beinhaltet finanzielle Entschädigungszahlungen für noch lebende polnische Opfer der Besatzung durch Nazi-Deutschland sowie deutsche Hilfe für die Verteidigung der Ostflanke der Nato. Die Finanzhilfen könnten sich laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ auf einen dreistelligen Millionenbetrag belaufen.

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Die Entschädigungszahlungen sind ein heikles Thema, da sie die Tür für weitere Forderungen aus anderen Ländern öffnen könnten. So gibt es beispielsweise aus Griechenland immer noch Forderungen nach Entschädigung für die im Zweiten Weltkrieg verursachten Kriegsschäden. Dennoch betont Agnieszka Lada-Konefal vom Deutschen Polen-Institut in Darmstadt die Wichtigkeit der finanziellen Unterstützung für die noch lebenden Opfer in Polen.

Ein Teil des Finanzpakets soll auch für den Bau des Deutsch-Polnischen Hauses in Berlin verwendet werden. Das Haus soll an die deutsch-polnische Geschichte und die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs erinnern und einen Ort des Gedenkens für die polnischen Opfer schaffen. Die inhaltliche Planung des Dokumentationszentrums wurde bereits letzte Woche vom Kabinett beschlossen.

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen wurden in den letzten Jahren durch die antideutsche Stimmungsmache der ehemaligen PiS-Regierung belastet. Die neue Regierung unter Donald Tusk hat jedoch zu einer verbesserten Atmosphäre beigetragen. Tusk betonte bei seinem Besuch in Berlin im Februar, dass die materielle und moralische Wiedergutmachung noch immer aussteht. Tusk fordert einen Ausgleich von Rechnungen und betont die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit, ohne die gegenseitigen Beziehungen zu belasten. Ein gutes Verhältnis zu Polen wird für Deutschland immer wichtiger, insbesondere angesichts möglicher politischer Veränderungen in Frankreich.

Die deutsch-polnischen Beziehungen haben die Chance aktiver zu werden. Deutschland muss jedoch anerkennen, dass Polen inzwischen stärker und selbstbewusster geworden ist, insbesondere durch seine Rolle als Frontstaat im Ukraine-Krieg. Die Zeiten, in denen Deutschland Vorschläge machte und Polen klatschte, sind vorbei.

Die Konsultationen fanden im Rahmen der Haushaltsverhandlungen statt, an denen auch Vizekanzler Robert Habeck von den Grünen und Finanzminister Christian Lindner von der FDP teilnahmen. Der aktuelle Stand der Verhandlungen wird den Bundestagsfraktionen am Nachmittag mitgeteilt. Ein Ergebnis soll bis Ende der Woche vorliegen.

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Mit einem Portfolio, das mehr als zwei Jahrzehnte Berufserfahrung umfasst, ist der freie Redakteur und Journalist Konrad l. Schneider ein fester Bestandteil der deutschen Medienlandschaft.
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