In einer klaren Antwort auf die wachsenden antisemitischen Tendenzen innerhalb der Kulturszene hat Berlin heute eine neue Beratungsstelle eingerichtet. Diese Initiative, die als erste ihrer Art in Deutschland gilt, wurde vom Kultursenator Joe Chialo (CDU) ins Leben gerufen, um Künstler zu unterstützen, die aufgrund ihrer Herkunft und Identität Anfeindungen und Diskriminierung erleben. Die Beratungsstelle richtet sich insbesondere an jüdische und israelische Künstler, die zunehmend weniger Aufträge erhalten, da viele Institutionen Konflikten aus dem Weg gehen wollen. Dies ist ein alarmierendes Zeichen, das die Notwendigkeit für präventive Maßnahmen unterstreicht, um den Antisemitismus in der Kunst zu bekämpfen.

Künstler und Kreative, die sich von antisemitischen Stereotypen bedroht fühlen oder Befürchtungen hinsichtlich eines Boykotts haben, können sich an die neue Anlaufstelle wenden. Stella Leder, Geschäftsführerin des Instituts für Soziale Plastik Berlin, betont, dass die Kunstfreiheit nicht tangiert wird und dieses Angebot auf freiwilliger Basis erfolgt. Das Beratungsangebot verfolgt das Ziel, eine Kultur zu schaffen, die sich nicht von Hass und Spaltung leiten lässt. Im Rahmen des Projekts „Open Arts Hub“ wird die Beratungsstelle Ofek mit dem Institut für Neue Soziale Plastik zusammenarbeiten, um betroffenen Künstlern einen Raum zur Verfügung zu stellen.

Hintergrund zum Antisemitismus in der Kunst

Die Notwendigkeit einer solchen Beratungsstelle wird durch die Debatten um die Documenta fifteen verstärkt, die 2022 in Kassel stattfand. Der Abschlussbericht eines Expertengremiums, geleitet von der Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff, hatte schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen erhoben. Darunter fielen auch antisemitische Werke wie „People’s Justice“ und „Tokyo Reels“, auf die das Gremium aufmerksam machte. Der Bericht legt nahe, dass auch in Zukunft antisemitische Inhalte in Kunstwerken nicht ausgeschlossen werden können, was die Dringlichkeit unterstreicht, klare Regeln im Umgang mit solchen Thematiken aufzustellen.

Die Amadeu Antonio Stiftung und der Zentralrat der Juden haben für den 11. Mai eine Tagung im Haus der Wannsee-Konferenz organisiert, um über das Spannungsverhältnis zwischen Antisemitismus und Kunstfreiheit zu diskutieren. Der Anlass dafür sind die Kontroversen rund um die Documenta und die Kritik, dass der Antisemitismus innerhalb der Kunst häufig mit der Kunstfreiheit relativiert wird. Jüdische Künstler*innen sehen sich oft mit Schwierigkeiten konfrontiert, ihre Perspektiven in einem von oft einseitiger Sichtweise geprägten Diskurs zu äußern. Dementsprechend haben sie sich besorgt über die mangelnde Sensibilität vieler Institutionen geäußert, die zu einer Doppelmoral in der Kunstszene führt.

Politische Reaktionen und kommende Schritte

In der politischen Debatte wurde eine grundlegende Auseinandersetzung mit Antisemitismus gefordert. Kulturstaatsministerin Claudia Roth sprach sich dafür aus, dass Antisemitismus und Rassismus in Kunstausstellungen keinen Platz haben dürften. Sie unterstützte die Handlungsempfehlungen des Gremiums und betonte die Verantwortung, die mit staatlicher Kunstförderung verbunden ist. Roth äußerte zudem die Bereitschaft des Bundes, sich stärker in die organisatorischen Belange der Documenta einzubringen, während sie auf die Notwendigkeit von Reformen hinwies.

Der Anstieg an Gewalt gegen Jüdinnen und Juden und die einschlägigen Erfahrungen kreativer Berufe, die Diskriminierung und Bedrohungen erleben, machen die Schaffung solcher Beratungsstellen umso hilfreicher. Der Bedarf an umfassender Sensibilisierung und Schutzmechanismen in der Kulturszene ist unübersehbar. Mit der neuen Beratungsstelle sollen Künstler nicht nur rechtlichen Beistand, sondern auch eine Gemeinschaft finden, die sie unterstützt, die Aspekte von Kunst und Identität in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft zu navigieren.