Vorfall | Notfall |
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Ort | Steinhöring |
Rollstuhlfahrer in Steinhöring kämpfen mit erheblichen Schwierigkeiten, den Zug am örtlichen Bahnhof zu erreichen. Trotz der Eröffnung eines neuen, barrierefreien Bahnhofs im Jahr 2014 bleibt der Zugang zu den Zügen für Menschen mit Behinderung problematisch. Steinhöring verzeichnet die höchste Anzahl an Menschen mit Beeinträchtigungen im Landkreis, was die Dringlichkeit der Situation verstärkt. Bewohner des Einrichtungsverbunds Steinhöring (EVS) haben kürzlich demonstriert, um auf ihre Notlage aufmerksam zu machen.
Obwohl der Bahnhof selbst barrierefrei gestaltet ist, besteht ein erheblicher Höhenunterschied zwischen dem Bahnsteig und dem Zug. Dies führt dazu, dass viele Rollstuhlfahrer, wie David Kruzolka, nicht einsteigen können. Eine Rampe, die für den Zugang vorgesehen ist, darf nur von Bahnmitarbeitern bedient werden, was die Zugangsmöglichkeiten für die betroffenen Personen weiter einschränkt. David Kruzolka äußerte seine Frustration und schilderte, wie er aufgrund der mangelnden Zugänglichkeit einen Job absagen musste.
Politische Reaktionen und mögliche Lösungen
Auf die Probleme reagiert auch die lokale Politik: Die SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher hat einen Ortstermin mit Vertretern der Bahn und der Gemeinde organisiert. Laut Werner Retzlaff, einem weiteren Bewohner des EVS, sei eine Übergangslösung dringend erforderlich, um die Mobilität der Bewohner sicherzustellen. Zudem wird über alternative Mobilitätslösungen, wie einen verbesserten Busservice, diskutiert.
Die Elektrifizierung der Strecke, die Barrierefreiheit ermöglichen soll, ist für 2030 geplant, hat jedoch bereits mehrfach Verzögerungen erfahren. Heiko Büttner von der Deutschen Bahn teilte mit, dass die Probleme mit brütenden Kiebitz-Paaren nun geklärt sind. Gleichzeitig trägt die unklare Haftungsfrage zur Unsicherheit bei, ob die Rampe überhaupt genutzt werden kann.
Die Situation der Barrierefreiheit in Bayern
Die Problematik in Steinhöring ist Teil eines größeren Trends in Bayern, wo die Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nach wie vor unzureichend ist. Laut Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene liegt Bayern im Hinblick auf Barrierefreiheit unter dem Bundesdurchschnitt. Derzeit sind nur 40% der Bahnhöfe in Bayern als barrierefrei klassifiziert. Obwohl das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) bereits 2013 vollständige Barrierefreiheit bis zum 1. Januar 2022 forderte, ist dieser Termin längst verstrichen.
Gründe für das Nichterreichen der Barrierefreiheit sind hohe Umbaunoten, finanzielle Engpässe und ein Mangel an Fachpersonal in den Verwaltungen. Gemeinden sind gefordert, definierte Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit umzusetzen, doch oft fehlt es an den nötigen finanziellen Mitteln. Priorität wird in der Regel den Verkehrsknotenpunkten eingeräumt, was bedeutet, dass kleinere Haltestellen mit geringem Nutzeraufkommen oft vernachlässigt werden.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass 75% der Bahnhöfe in Bayern stufenfrei sind, aber nur 40% alle Kriterien der Barrierefreiheit erfüllen. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft hat zwar eine Strategie zur Verbesserung der Situation angekündigt, doch wird sich die Lage in Steinhöring vor 2024 nicht grundlegend ändern, solange der Vertrag mit der Südostbayernbahn läuft.
Letztlich bleibt die Zusicherung von Ministerpräsident Horst Seehofer, Bayern bis 2023 barrierefrei zu machen, in der Umsetzung fraglich. Kruzolka äußerte als Betroffener, dass es ein Armutszeugnis für Bayern wäre, wenn dieses Ziel nicht erreicht wird. Die Wichtigkeit von Selbstständigkeit und Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln für Menschen mit Beeinträchtigung bleibt dabei unbestritten.
Für weitere Informationen über die Herausforderungen der Barrierefreiheit im Straßenverkehr besuchen Sie bitte Aktion Mensch.
Für mehr Details zur Situation in Steinhöring können Sie die Berichte auf Merkur und BR einsehen.