In einem aktuellen Verfahren gegen Martin Winterkorn, den ehemaligen Konzernchef von Volkswagen, hat das Landgericht Braunschweig den Befangenheitsantrag seiner Verteidigung gegen den verantwortlichen Richter zurückgewiesen. Wie weser-kurier.de berichtet, erklärte das Gericht den Antrag als unbegründet. Die Verteidigung hatte argumentiert, dass das Vertrauen Winterkorns in die Unvoreingenommenheit des Richters durch dessen Verhalten erheblich beeinträchtigt wurde.

Ein zentraler Punkt der Argumentation war, dass der Prozess für Februar neu angesetzt wurde, bevor eine gerichtlich angeordnete Gesundheitsbegutachtung von Winterkorn durchgeführt wurde. Ein Neustart des Verfahrens, das insgesamt 89 Termine umfassen soll, war ursprünglich für den 4. Februar 2025 geplant. Das Gericht hob jedoch alle ab diesem Datum angesetzten Hauptverhandlungstermine auf, unabhängig von der Entscheidung zum Befangenheitsantrag. Die Kammer geht davon aus, dass Winterkorn aus gesundheitlichen Gründen „mindestens in den nächsten Monaten“ nicht in der Lage sein wird, an den Gerichtsverhandlungen teilzunehmen. Eine Bekanntgabe für den Neubeginn der Hauptverhandlung erfolgt, sobald die Kammer eine entsprechende Entscheidung getroffen hat.

Hintergrund: Der Volkswagen-Skandal

Winterkorn sieht sich schweren Vorwürfen gegenüber, darunter gewerbsmäßiger Betrug, Marktmanipulation und uneidliche Falschaussage. Er hat jedoch alle Vorwürfe entschieden zurückgewiesen, und es gilt die Unschuldsvermutung. Um den Kontext dieser rechtlichen Auseinandersetzungen besser zu verstehen, ist es wichtig, an die Hintergründe des Volkswagen-Skandals zu erinnern, der am 18. September 2015 begann. Damals meldete die US-Umweltbehörde EPA, dass etwa 482.000 Volkswagen-Fahrzeuge gegen den Clear Air Act verstießen, was zur Manipulation von Software zur Einhaltung von Emissionsvorschriften führte. Innerhalb kurzer Zeit wurden weltweit nahezu 11 Millionen Fahrzeuge betroffen, davon 2,4 Millionen in Deutschland, wie tagesschau.de berichtet.

Der Druck auf die Unternehmensführung nahm zu, und Martin Winterkorn trat am 23. September 2015 zurück. Matthias Müller, der zu diesem Zeitpunkt Chef der Porsche AG war, übernahm am 25. September 2015 die Leitung des Konzerns. Die Geschehnisse führten zu einem dramatischen Rückgang der Aktienkurse und damit zu einem Nettoverlust von 1,67 Milliarden Euro für Volkswagen im dritten Quartal 2015. Zudem mussten Mitarbeiter auf einen 10-Prozent-Bonus verzichten, und es gab Produktionsferien.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt bereits seit einigen Jahren im Zusammenhang mit den Vorfällen, und es sind zahlreiche Sammelklagen wegen Betrugs und Täuschung gegen VW anhängig. Die Unklarheit über die Verantwortlichen für die Manipulationen führte zur Entlassung mehrerer Manager, während der Rückruf der betroffenen Fahrzeuge Anfang 2016 geplant ist. VW hat angekündigt, einen „Kulturwandel“ herbeizuführen und mehr Verantwortung innerhalb der einzelnen Marken des Konzerns zu fördern.

Aspekte der kommenden Gerichtsverhandlungen könnten somit nicht nur für Winterkorn, sondern auch für Volkswagen selbst erhebliche Auswirkungen haben, da die rechtlichen Auseinandersetzungen weiterhin die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens prägen.