Die Industrie in Bayern sieht sich zunehmend mit einem gravierenden Rohstoffmangel konfrontiert. Diverse Unternehmen, insbesondere aus den Bereichen Bau, Metallerzeugnisse und Maschinenbau, berichten über erhebliche Engpässe und Preissteigerungen. Laut einer aktuellen Umfrage klagen 28 Prozent der befragten Unternehmen über die Verfügbarkeit von Rohstoffen. Besonders schwer fallen die Materialknappheit bei Steinen und Erden, zu denen Sand, Kies, Gips und Zement zählen. Fast die Hälfte der betroffenen Betriebe betont, dass diese Rohstoffe am problematischsten sind. Basismetalle wie Eisen, Kupfer und Aluminium stellen die zweitgrößte Herausforderung dar.
Die Ursachen für die Rohstoffknappheit sind vielfältig. Unternehmen sehen geringe Produktionskapazitäten und handelspolitische Maßnahmen als Hauptgründe an. Dabei berichten 75 Prozent der Firmen von überdurchschnittlichen Preissteigerungen, wobei Basismetalle häufiger als Steine und Erden genannt werden. Die Zukunftsaussichten sind düster: 60 Prozent der Befragten befürchten eine Verschlechterung der Lage in den kommenden fünf Jahren, während nur 8 Prozent auf eine Besserung hoffen. Geopolitische Unsicherheiten und wachsende bürokratische Hürden verstärken diese Sorgen. Firmen fordern dringend politische Unterstützung für einen erleichterten Zugang zu heimischen Rohstoffen sowie zur Weltmarktteilnahme ohne Handelsbeschränkungen, wie pnp.de berichtet.
Kritische Versorgungslücken bei Spezialmetallen
Besonders besorgniserregend ist die Situation bei Spezialmetallen, die für die moderne Technologie unverzichtbar sind, insbesondere in der Elektromobilität. Eine Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) zeigt, dass 28 von 45 untersuchten Metallen und Mineralien in prekärer Versorgungslage sind. Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und andere Seltene Erden sind entscheidend für die Herstellung von Batterien. Gleichzeitig ist die Abhängigkeit von China gewachsen, was die deutsche Industrie unter Druck setzt.
Die Rohstoffknappheit hat gravierende Auswirkungen auf die zentrale Wertschöpfungsketten, insbesondere in der Energiewende und Digitalisierung. Der Rohstoff-Risiko-Index des Instituts IW Consult dokumentiert, dass die Zahl der als kritisch eingestuften Rohstoffe seit 2015 um 75 Prozent gestiegen ist. Zinn, Gallium und Indium gelten als die drei bedeutendsten Rohstoffe mit den größten Versorgungsrisiken. So ist Zinn wichtig für die Elektronikproduktion, während Gallium und Indium in der Optik sowie in Flachbildschirmen und Solarmodulen verwendet werden. Diese Engpässe betreffen auch Technologien zur Erzeugung erneuerbarer Energien, wie Windkraft und Solar, was die Dringlichkeit einer Lösung unterstreicht, wie investmentweek.com betont.
Strategische Ansätze zur Rohstoffsicherung
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, plant die EU mehrere Maßnahmen zur Sicherstellung ihrer Rohstoffversorgung. Mineralische Rohstoffe sind entscheidend für die industrielle Wertschöpfung. Der Ukraine-Konflikt hat die bereits bestehende Abhängigkeit von Nicht-EU-Ländern, insbesondere von China, weiter verstärkt. Die EU strebt eine Stärkung ihrer strategischen Autonomie an. Im März 2023 wurde der Critical Raw Materials Act (CRMA) vorgestellt, um die Versorgung mit kritischen Rohstoffen zu gewährleisten.
Die EU-Kommission hat zudem das European Critical Raw Materials Board ins Leben gerufen, um die Implementierung des CRMA zu koordinieren. 34 kritische Rohstoffe wurden identifiziert, von denen 17 als strategisch bedeutend gelten. Ziele bis 2030 sind unter anderem die Erhöhung der europäischen Kapazitäten im Bergbau sowie die Diversifizierung der Importquellen. Die EU plant dabei strategische Partnerchaften mit rohstoffreichen Staaten und wird aufgefordert, ihre Rohstoffaußenpolitik anzupassen, um als verlässlicher Partner wahrgenommen zu werden. Experten unterstreichen, dass eine nachhaltige Rohstoffpolitik und offene Handelsmärkte essenziell für das Überleben der Industrie sind, wie auch swp-berlin.org beschreibt.