Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sieht sich derzeit ernsten Anschuldigungen und Ermittlungen gegen ihre Regierung gegenüber. Diese beziehen sich auf die umstrittene Freilassung des libyschen Milizenführers Osama Almasri Najeem, der vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht wird. Meloni bestätigte in einer Videobotschaft, dass gegen sie wegen mutmaßlicher Beihilfe zu einer Straftat und Begünstigung ermittelt wird.
Osama Almasri Najeem, der Chef der libyschen Kriminalpolizei, wurde am 19. und 20. Januar in Turin festgenommen, nachdem Interpol einen Hinweis gegeben hatte. Doch nur wenige Tage später, am Dienstag, wurde er aufgrund eines „juristischen Formfehlers“ freigelassen und konnte mit einem italienischen Staatsflugzeug nach Tripolis fliegen. Die italienischen Behörden gaben an, dass das Justizministerium nicht ordnungsgemäß über die Inhaftierung informiert worden sei, was zur umstrittenen Freilassung geführt hätte.
Ermittlungen und politische Auswirkungen
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen Meloni, sondern auch gegen Justizminister Carlo Nordio und Innenminister Matteo Piantedosi sowie weitere Regierungsmitglieder. Die Untersuchung wurde aufgrund einer Beschwerde des Anwalts Luigi Li Gotti eingeleitet, der als ehemaliger linker Politiker bekannt ist und in der Vergangenheit zahlreiche Mafiosi verteidigte.
Die Freilassung von Almasri stößt in Italien auf scharfe Kritik. Menschenrechtsgruppen und oppositionelle Politiker werfen der Regierung vor, die Bedeutung des internationalen Rechts zu missachten und haben diese Maßnahme als „beschämenden Schutz“ bezeichnet. Der türkische Historiker Enrico Letta bezeichnete die Entscheidung als Heuchelei und forderte eine umfassende Untersuchung.
Die Rolle Libyens und der Migration
Italien pflegt enge Beziehungen zur libyschen Regierung und unterstützt die Rückführung von Migranten, die häufig in Libyen unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten werden. Almasri, der Leiter eines Gefangenenlagers in Tripolis, wird mit grausamen Verhältnissen und schweren Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht. Der Haftbefehl des IStGH bezieht sich spezifisch auf diese Vorwürfe und die Regierung in Rom steht unter Druck, Transparenz über die Umstände der Freilassung zu schaffen.
Das IStGH hat Italien bereits aufgefordert, eine Überprüfung der Schritte durchzuführen, die zur Freilassung von Najeem führten. Die Situation könnte nicht nur rechtliche Konsequenzen für Meloni und ihre Regierung haben, sondern auch die diplomatischen Beziehungen zu internationalen Partnern auf die Probe stellen.
Die Ermittlungen gegen die italienische Regierung und die Freilassung eines mutmaßlichen Kriegsverbrechers werfen schwerwiegende Fragen auf, die weit über die nationalen Grenzen hinausreicht. Experten warnen, dass dies das Vertrauen in die italienischen Institutionen weiter untergraben könnte und die Haltung gegenüber Libyen und der Flüchtlingspolitik grundlegend beeinflusst.
Inmitten dieser Kontroversen bleibt Giorgia Meloni fest entschlossen, sich nicht erpressen oder einschüchtern zu lassen. Ob und welche formellen Anklagen gegen sie oder ihre Minister folgen, bleibt abzuwarten. Die kommenden Wochen könnten entscheidend für die politische Zukunft der Ministerpräsidentin und ihrer Regierung sein.