In Syrien hat sich die Lage der Menschenrechte weiter dramatisch verschlechtert. Laut Bericht der Welt wurden innerhalb von nur drei Tagen mindestens 35 ehemalige Beamte des Assad-Regimes willkürlich hingerichtet. Aktivisten sprechen von diesen Taten als „Vergeltungsakten“ der islamistischen Kämpfer in der Region Homs. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte stellte fest, dass die meisten der hingerichteten Personen frühere Mitglieder der Regierung von Baschar al-Assad waren, und berichtete zudem von Dutzenden Festnahmen unter Mitgliedern örtlicher bewaffneter Gruppen, die an sogenannten „Sicherheitseinsätzen“ beteiligt waren.
In dieser chaotischen Situation nutzen die neuen machthabenden Gruppen den Zustand des Rechtsvakuums aus, um „alte Rechnungen zu begleichen“. In den Regionen, die von diesen Gruppen kontrolliert werden, kommt es zudem zu willkürlichen Massenfestnahmen, grausamen Misshandlungen, sowie zu Angriffen auf religiöse Symbole und brutalen Hinrichtungen von Zivilisten. Die Civil Peace Group hat, in Übereinstimmung mit den Beobachtungen, die ungerechtfertigten Gesetzesverstöße verurteilt und berichtet von getöteten unbewaffneten Männern.
Die Vermissten und die Suche nach Gerechtigkeit
Die aktuelle Menschenrechtslage in Syrien ist nicht nur von Hinrichtungen geprägt. Wie die Tagesschau berichtet, sind in dem Land weiterhin Zehntausende Menschen vermisst. Aktivisten fordern eine umfassende Aufarbeitung der Verbrechen, sowohl des Assad-Regimes als auch von nahestehenden Milizen. Ein emblematisches Beispiel ist Yassin al-Haj Saleh, ein Intellektueller, der ein Foto seiner entführten Frau hält. Samira Khalil wurde 2013 von der islamistischen Miliz Jaysh al-Islam entführt, und sie zählt zu den über Hunderttausend Vermissten in Syrien. Die Demonstrierenden in Douma, wo etwa 70 bis 80 Menschen eine kleine Protestaktion abhielten, verlangen eine umfassende Gerechtigkeit und Aufklärung der Verbrechen.
Die neuen Machthaber versprechen eine Verfolgung der Verbrechen des Assad-Regimes, jedoch zeigen sie Bedenken, die Vergehen ihrer eigenen Verbündeten, wie etwa der Jaysh al-Islam-Miliz, aufzuarbeiten. Dies bringt Aktivisten in Sorge, dass die Gräueltaten der islamistischen Miliz im Schatten der aktuellen politischen Umwälzungen ungestraft bleiben.
Humanitäre Krisen und systematische Verfolgung
Die humanitäre Lage in Syrien ist alarmierend. Ein vertrauliches Papier des Außenministeriums beschreibt die Menschenrechtslage als „katastrophal“. Ein neuer Bericht, aus Informationen von UN-Organisationen erstellt, zeigt, dass für keine Region Syrien eine sichere Rückkehr für Geflüchtete gewährleistet werden kann. Der Bericht verweist darauf, dass über 90% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt, während 68% von Hunger bedroht sind. Des Weiteren sind Lebensmittelpreise höher als je zuvor und die Gesundheitsinfrastruktur ist stark beeinträchtigt, da 41% der öffentlichen Krankenhäuser nicht oder nur teils funktionsfähig sind.
Die systematische Verfolgung von Oppositionsgruppen und regimekritischen Akteuren ist an der Tagesordnung. Anti-Terror-Gesetze werden verstärkt gegen Regimekritiker eingesetzt, was zu willkürlichen Verhaftungen und dem Verschwindenlassen von Personen führt. Folterpraktiken in Gefängnissen sind omnipräsent, genau wie sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Diese beunruhigenden Entwicklungen im Gesamtbild Syriens verdeutlichen, dass die Frage der Gerechtigkeit und die Aufarbeitung der Verbrechen nicht nur symbolischer Natur ist, sondern eine entscheidende Voraussetzung für Frieden und Stabilität darstellen.