In einem kontroversen Schritt hat die italienische Regierung die Freilassung eines libyschen Mannes verteidigt, der von den Behörden des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen gesucht wird. Osama Elmasry Njeem, auch bekannt als Osama Almasri Njeem, wurde am Sonntag in Turin festgenommen, doch am Dienstag wurde er aufgrund eines rechtlichen technischen Fehlers schnell wieder freigelassen und mit einem italienischen Staatsflugzeug nach Tripolis geflogen. Diese Entscheidung hat hohe Wellen geschlagen, da Italiens Innenminister Matteo Piantedosi erklärte, die Freilassung sei aufgrund von Njeems „sozialer Gefährlichkeit“ erfolgt, während einige Senatoren im italienischen Parlament Unmut über die vermeintliche Missachtung der Verpflichtungen Italiens gegenüber dem ICC äußerten. Al Jazeera berichtet, dass der ICC nun Erklärungen von Italien verlangt, da die Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni vor der Entscheidungsfindung nicht konsultiert wurde.
Njeem, ein Brigadegeneral in der libyschen Justizpolizei, wird des Mordes, der Folter und der Vergewaltigung von Gefangenen im Mitiga-Gefängnis in Tripolis beschuldigt. Die Freilassung erfolgte nur wenige Tage nachdem direkte Flüge zwischen Rom und Tripolis nach einer zehnjährigen Pause wieder aufgenommen wurden. Der ICC betont, dass die im Haftbefehl genannten Verbrechen von Njeem persönlich begangen oder von ihm angeordnet wurden. Die italienische Regierung sieht sich jedoch gegenüber dem ICC einem peinlichen Vorfall gegenüber, da sie nicht mit der Entscheidung konsultiert wurde. Devdiscourse berichtet von den nachfolgenden diplomatischen Spannungen, die durch diese Freilassung entstanden sind.
Politische Reaktionen und zukünftige Schritte
Bei einer Senatsitzung gab es heftige Fragen an Piantedosi, dessen Erklärungen von den Oppositionsparteien als unzureichend angesehen wurden. Viele fordern, dass Premierministerin Meloni sich in einer öffentlichen Sitzung verantworten muss. Unterdessen relativierte Außenminister Antonio Tajani die Besorgnis des ICC und stellte klar, dass Italien als souveränes Land eigene Entscheidungen trifft. Piantedosi plante, die Freilassung durch den Court in Rom zu erklären, wo er angab, dass Njeems Festnahme nicht den Vorschriften entsprach. Al Jazeera macht darauf aufmerksam, dass diese Vorfälle vor dem Hintergrund einer bestehenden politischen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit mit Libyen geschehen, welche darauf abzielt, die Migration aus Libyen nach Südeuropa zu verhindern.
Menschenrechtsfragen und internationale Verantwortlichkeit
Die Situation in Libyen wirft ernsthafte menschenrechtliche Fragen auf. Laut einem Bericht des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und weiterer Menschenrechtsorganisationen gibt es zahlreiche Berichte über schwere Verbrechen gegen Migranten und Flüchtlinge in Libyen, die möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. ILMR hebt hervor, dass staatliche und nichtstaatliche libysche Akteure die prekäre Lage der Migranten ausnutzen. Berichtet wird von willkürlicher Inhaftierung, Folter, Mord, sexueller Gewalt und Versklavung. Trotz dieser besorgniserregenden Situation hat der ICC in den letzten Jahren kein Verfahren wegen dieser Verbrechen eröffnet, und es gibt keine substantiellen Fortschritte in den Ermittlungen.
Internationale Organisationen fordern nun umfassende Untersuchungen und ein Ende der Unterstützung für libysche Sicherheitskräfte, solange diese in schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind. Der Druck wächst auf die italienische Regierung, klare Stellung zu beziehen und ihre Verpflichtungen im Hinblick auf internationale Menschenrechte und die Kooperation mit dem ICC einzuhalten.