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In einem spannenden Vortrag in der Bahnhofsgaststätte von Landau beleuchtete Dr. Hildgard Seidl, die Leiterin der Fachstelle Gendermedizin und -pflege der München Klinik, die faszinierenden Unterschiede in der medizinischen Behandlung von Männern und Frauen. Die Veranstaltung, die in Kooperation mit dem KDFB-Diözesanverband Passau stattfand, stellte die Frage: „Geschlechtersensible Medizin – Frauen und Männer – alles gleich(gültig)?“ Dabei wurde deutlich, dass die Unterschiede weit über die bloße Geschlechtszugehörigkeit hinausgehen.
Die Gendermedizin, oft fälschlicherweise nur als „Frauenmedizin“ verstanden, umfasst sowohl biologische als auch psychosoziale Aspekte. Laut einem Bericht von Vivantes ist es entscheidend, die unterschiedlichen Reaktionen von Männern und Frauen auf Medikamente zu berücksichtigen. Frauen benötigen häufig niedrigere Dosen von Psychopharmaka, da sie aufgrund ihrer hormonellen Unterschiede anders verstoffwechseln. Dies kann zu Überdosierungen führen, wenn die Dosisempfehlungen auf den männlichen Körper zugeschnitten sind.
Die Herausforderungen der Geschlechterspezifischen Medizin
Ein weiteres zentrales Thema war die Wahrnehmung und Behandlung psychischer Erkrankungen. Prof. Dr. Stephanie Krüger, Leiterin des Departments für seelische Gesundheit am Klinikum Spandau, betonte, dass Männer oft weniger bereit sind, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Stattdessen neigen sie dazu, ihre Symptome durch übermäßige Arbeit oder riskantes Verhalten zu kompensieren. Diese Verdrängung kann zu einer verzögerten Diagnose führen, was besonders gefährlich ist, da die Selbstmordrate bei Männern deutlich höher ist als bei Frauen.
Die Unterschiede in der medizinischen Behandlung zeigen sich auch in der Männersprechstunde, die Prof. Dr. Wolfgang Harth leitet. Er berichtete, dass die Sprechstunde ursprünglich auf Fruchtbarkeitsprobleme fokussiert war, sich jedoch mittlerweile zu einem breiten Querschnittsfach entwickelt hat, das auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Probleme umfasst. Harth stellte fest, dass Männer oft erst spät zu einem Arzt gehen, was zu einer Unterdiagnostizierung von Erkrankungen führt, die bei Frauen häufiger erkannt werden.
Biologische Unterschiede und deren Auswirkungen
Die biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind nicht zu unterschätzen. Frauen sind in der Regel kleiner und leichter, und ihre Organe unterscheiden sich in Struktur und Funktion von denen der Männer. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Medikamentenverstoffwechselung. Die weibliche Leber hat beispielsweise Schwierigkeiten, bestimmte Medikamente abzubauen, was das Risiko einer Überdosierung erhöht. Männer hingegen benötigen oft höhere Dosen, da ihre Zellen weniger empfindlich auf Schmerzmittel reagieren.
Die Gendermedizin hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da immer mehr medizinische Fachrichtungen die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Diagnostik und Therapie berücksichtigen. So wurden beispielsweise die Symptome eines Herzinfarkts bei Frauen erst 2016 in die nationalen Leitlinien aufgenommen, nachdem lange Zeit nur die klassischen Symptome bei Männern als Maßstab galten. Dies zeigt, wie wichtig es ist, die medizinische Praxis geschlechtersensibel zu gestalten, um eine optimale Versorgung für alle Patienten zu gewährleisten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Gendermedizin eine unverzichtbare Rolle in der modernen Medizin spielt. Sie fordert eine Anpassung der Diagnose- und Behandlungsmethoden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen von Männern und Frauen gerecht zu werden. Die Erkenntnisse aus der Gendermedizin sind nicht nur für Frauen von Bedeutung, sondern auch für die Männergesundheit, die durch ein besseres Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede erheblich profitieren kann.
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