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Die Sinologie-Streitigkeit im 19. Jahrhundert: Macht und Intrigen im intellektuellen Frankreich

Im 19. Jahrhundert erschütterte eine Kontroverse die Welt der französischen Sinologie. Paul Perny, ein Missionar, der in China Chinesisch gelernt hatte, griff öffentlich Stanislas Julien, einen ehemaligen Professor am Collège de France, und seinen Nachfolger, den Marquis d’Hervey de Saint-Denys, an. Perny beschuldigte sie der Inkompetenz in der chinesischen Sprache, was zu einem Skandal führte, der in einer Verleumdungsklage von Saint-Denys gipfelte. Die Gerichte verurteilten Perny zu einer Geldstrafe und Gefängnis, was die Strenge der Verleumdungsgesetze zu dieser Zeit verdeutlichte. Diese Affäre enthüllte die Methoden, die Perny einsetzte, um die Unterstützung wissenschaftlicher Kreise, des Ministeriums für öffentliche Bildung und der öffentlichen Meinung zu gewinnen.

Die Kontroverse verdeutlichte die Spannungen und Machtkämpfe im französischen intellektuellen Umfeld des 19. Jahrhunderts. Dabei ergab sich ein Konflikt zwischen den beiden Sinologien, die damals existierten. Während Julien und Saint-Denys das klassische Chinesisch in Paris erlernt hatten, hatte Perny in China sowohl mit dem zeitgenössischen geschriebenen als auch gesprochenen Chinesisch zu tun. Obwohl er betonte, dass seine Kritik nicht von Interesse, Eifersucht oder Groll motiviert sei, wurde deutlich, dass er 1873 für den Lehrstuhl am Collège de France kandidiert hatte, auf den jedoch sein Konkurrent, der Marquis d’Hervey de Saint-Denys, gewählt wurde.

Paul Perny wurde wegen Verleumdung verurteilt, obwohl er seine Handlungen als rein literarische Polemik rechtfertigte. Das Gericht entschied, dass sein wahres Ziel darin bestand, einen abscheulichen Skandal herbeizuführen und ein Wiederaufleben seines Kontrahenten als Professor zu verhindern. Perny wurde zu einer Geldstrafe und Gefängnis verurteilt, wobei die Strafe von der Berufungskammer auf zwei Monate reduziert wurde. Der Streit verdeutlichte, wie Intellektuelle des 19. Jahrhunderts vorgehen konnten, um ihre Sache zu verteidigen, indem sie den wissenschaftlichen, ministeriellen und öffentlichen Rückhalt suchten.

In Anbetracht heutiger Gerichtsbarkeit hätten viele Social-Media-Polemiker, die Verleumdung betreiben, ähnliche Folgen zu befürchten wie Perny im 19. Jahrhundert. Die Affäre um Paul Perny zeigt somit, wie eine scheinbar literarische Auseinandersetzung zu einem öffentlichen Skandal und juristischen Konsequenzen führen kann.

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Mit einem Portfolio, das mehr als zwei Jahrzehnte Berufserfahrung umfasst, ist der freie Redakteur und Journalist Konrad l. Schneider ein fester Bestandteil der deutschen Medienlandschaft.
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