Am 23. Januar 2025 fand eine Lesung über den weltweit geschätzten Künstler Gerhard Richter im Kunstpalast Düsseldorf statt. Dabei stellte der 86-jährige Kunsthistoriker und Kurator Uwe M. Schneede sein neues Buch „Gerhard Richter – Der unbedingte Maler“ vor. Schneede, der 1967 seine Laufbahn als wissenschaftlicher Assistent in der Kunsthalle Düsseldorf begann und später Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München war, gab während des Gesprächs mit Felix Krämer, dem Generaldirektor der Stiftung Museum Kunstpalast, tiefere Einblicke in Richters Lebenswerk.
Schneedes Monographie zielt darauf ab, eine übersichtliche Darstellung von Richters malerischem Gesamtwerk zu bieten. Der Künstler, der berühmt für seine Fähigkeit ist, verschiedene Stile zu verbinden, hat sich nie auf einen festen Stil festgelegt und arbeitet gleichermaßen figurativ und abstrakt. Während seines Schaffens litt Richter unter den Widersprüchen zwischen westlicher Abstraktion und östlichem Realismus. Diese Spannungen spiegeln sich in seinen komplexen, vielschichtigen abstrakten Bildern wider, die durch zahlreiche Übermalungen und sichtbare Untergründe geprägt sind. Die Prägung seiner Kunst erlebte er vor allem nach seiner Übersiedlung in den Westen im Jahr 1961, wo ihn die Documenta 1959 inspirierte.
Der Einfluss von Zeit und Gesellschaft
Richters Werk ist stark von zeitgenössischen Bewegungen beeinflusst, jedoch strebte er nie danach, ein Rebell zu sein. Stattdessen möchte er stets „sein eigenes Ding machen“. Er reagiert bewusst auf gesellschaftliche Umstände, hat sich aber nie als dezidiert politischer Künstler verstanden. Insbesondere der Birkenau-Zyklus aus dem Jahr 2014, der die Malbarkeit des Holocaust behandelt und auf Fotografien aus Auschwitz basiert, verdeutlicht die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte in seiner Kunst.
Mit seinen Bildern, die oft aus Übermalungen von Fotos bestehen, wollte Richter aus dem persönlichen Empfinden aussteigen und eine Verallgemeinerung erreichen. Diese Verwischungen sollen Details löschen und das Wesentliche hervorheben. Bei seinen frühen Fotos sind historische und persönliche Hintergründe oft präsent, was den Betrachter zum Nachdenken anregt.
Künstlerische Techniken und Innovation
Richter ist für seine vielfältigen Ansätze in der Kunst bekannt. Er experimentiert mit Fotografie, Malerei und installativen Elementen, wie Spiegeln und Glas, um dreidimensionale Effekte zu erzielen. Zu seinen bekanntesten Techniken gehört die Rakel-Technik, die er in den 1960er Jahren entdeckte. Hierbei verwendet er ein Werkzeug mit Griff und flacher Platte, um die Farbe über die Leinwand zu streichen. Diese Methode ermöglicht es ihm, Bilder zu schaffen, die oft fotorealistisch, aber leicht verschwommen oder weichgezeichnet sind. Ein Beispiel hierfür ist das Bild „Betty“, das den Hinterkopf seiner Tochter zeigt, ohne das Gesicht sichtbar zu machen.
Richters Erfolg basiert auf der Vielfalt seines Werks und der Präsenz seiner Werke in Museen weltweit, unter anderem im Metropolitan Museum, in der Tate Modern und der Nationalgalerie. Sein bekanntestes Werk, der „Birkenau“-Zyklus, wird als zentrales Dokument der Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte verstanden und ist ein wichtiger Teil der Erinnerungskultur Deutschlands. Die Fotoversion dieses Zyklus hängt im Westeingang des Berliner Reichstags, wo sie eine zentrale Rolle im Kontext der deutschen Demokratie spielt. Norbert Lammert formulierte treffend: „Wer in diesen Platz der deutschen Demokratie will, der muss hier durch. Zwischen ‚Birkenau‘ und Nationalflagge.“
Die Lesung im Kunstpalast Düsseldorf bot nicht nur einen faszinierenden Einblick in Richters künstlerisches Schaffen, sondern verdeutlichte auch die kompositorische Finesse und die tiefgründige Reflexion hinter jedem seiner Werke. Um mehr über Richters Einfluss auf die zeitgenössische Kunst zu erfahren, lohnt sich ein Blick in die weiteren Berichterstattungen: RP Online, Frankfurter Rundschau und Planet Wissen.