Ein Forschungsteam der TU Chemnitz, unter der Leitung von Prof. Dr. Johannes Teichert und Prof. Dr. Martin Breugst, hat bedeutende Ergebnisse zum Thema „Ortsselektive Katalyse“ veröffentlicht. Diese Arbeit erschien im renommierten „Journal of the American Chemical Society“ am 3. Januar 2025. Die ortsselektive Katalyse ermöglicht es, sehr ähnliche reaktive Stellen in Molekülen zu unterscheiden, was insbesondere in der Wirkstoffforschung von großer Bedeutung ist.
Eine der größten Herausforderungen bei der Nachbildung ortsselektiver Reaktionen, wie sie in der Natur vorkommen, besteht in der Verwendung menschgemachter Katalysatoren, die oft unzureichende Passgenauigkeiten aufweisen. Dieses Problem wird durch die Inspiration aus der Natur gemildert, da Enzyme in der Lage sind, präzise ortsselektive Reaktionen durchzuführen.
Innovative Katalysatorentwicklung
In der aktuellen Forschung wurde ein bifunktioneller Katalysator eingesetzt, der aus zwei reaktiven Untereinheiten besteht. Die eine Untereinheit ist verantwortlich für die Erkennung des Amids, während die andere die Durchführung der Reduktion übernimmt. Die Effektivität dieses Katalysators hängt stark von der räumlichen Nähe der beiden Untereinheiten ab. Erstmals kann dieser Katalysator zwischen strukturell verwandten Amiden unterscheiden – ein bedeutender Fortschritt, da kein anderer Katalysator derzeit in der Lage ist, diese Differenzierung vorzunehmen.
Zu den identifizierten „privilegierten Amiden“ gehören Moleküle, die vom Katalysator bevorzugt verwendet werden. Während diese schnell umgesetzt werden, erfolgt die Reaktion von „nicht-privilegierten Amiden“ entweder sehr langsam oder gar nicht. Quantenmechanische Berechnungen unterstützen das Verständnis dieser seltenen Ortsselektivität, was die Forschungsarbeiten weiter unterstreicht.
Anwendungen und Zukunftsperspektiven
Die Erkenntnisse der TU Chemnitz bieten vielversprechende Anwendungen in der Wirkstoffforschung und der nachhaltigen Chemie. Amide sind nicht nur wichtige Bausteine in der Synthese von Arzneimitteln, sondern auch in der Herstellung von Materialien. Zukünftige Forschungen sollen sich auf die vereinfachte Herstellung komplexer biologisch aktiver Moleküle sowie auf effizientes Recycling von Kunststoffen konzentrieren.
Neben der TU Chemnitz beschäftigen sich auch andere Einrichtungen mit der Weiterentwicklung von Katalyseprozessen. Zum Beispiel forscht das Center for Bioinformatics and Biotechnology und die Technische Universität München an der Nutzung erneuerbarer Rohstoffe durch spezifische Enzymkaskaden. Diese Ansätze zielen darauf ab, Plattform- und Feinchemikalien aus Zuckern oder anderen Molekülen aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen.
In diesen modernen Methoden wird oft eine Multi-Enzym-Katalyse verwendet. Diese Technik ermöglicht den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Enzyme, ohne die Zwischenprodukte isolieren zu müssen, was den Prozess schneller und effizienter macht. Weiterhin wird an der Optimierung der Enzyme sowie an analytischen Methoden gearbeitet, um die Leistung und die Eigenschaft der Katalysatoren zu verbessern.
Die Entwicklungen in der Katalyse und der Biokatalyse zeigen, dass innovative Lösungen für Herausforderungen in der Chemie und der Materialwissenschaften entwickelt werden. Mit den Ergebnissen der aktuellen Studien steht die Forschung nun an einem spannenden Punkt, an dem Nachhaltigkeit und Effizienz Hand in Hand gehen.