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„Erlangen im Wandel: Wie Ganztagsschulen Konflikte an Schulen lösen“

Der Schulleiter der Eichendorffschule in Erlangen, Helmut Klemm, kritisiert die Halbtagsschule als „schlimmste Form der Schule“ und fordert eine grundlegende Reform hin zu Ganztagsschulen, um die Herausforderungen wie Gewalt und Mobbing besser zu bewältigen, was im Kontext eines alarmierenden Anstiegs von Konflikten an Schulen von großer Bedeutung ist.

Das deutsche Schulsystem steht vor Herausforderungen, und die Debatte über die Rolle und Struktur von Schulen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Schulleiter Helmut Klemm aus Erlangen, Bayern, hebt die Probleme herkömmlicher Halbtagsschulen hervor und schildert, wie sich der schulische Alltag für die Schüler in Ganztagsschulen grundlegend unterscheidet.

Klemm, als Leiter der Eichendorffschule und engagierter Pädagoge, sieht die Ganztagsschule als einen Weg, um Konflikte und Probleme unter den Schülern besser zu lösen. „Es gibt keine Schule ohne Konflikte“, erklärt er und verweist darauf, dass an seiner Schule zwei Jugendsozialarbeiter und eine Sozialpädagogin engagiert sind, um den 400 Mittelschülern bei der Bewältigung von Schwierigkeiten zur Seite zu stehen. Das schulerische Umfeld an Halbtagsstätten ist jedoch von einer anderen Arbeitsweise geprägt. “Wie will man Kinder von acht bis zwölf Uhr erziehen?”, fragt Klemm provokant und kritisiert die oft im Vordergrund stehenden Inhalte.

Die Problematik von Halbtagsschulen

In einem typischen Halbtagsschulsystem könne es zu einer „Reaktion der Schüler auf einen Reiz der Lehrkräfte“ kommen. Das bedeutet, dass Disziplin oft durch Bestrafung statt durch Verständnis für die Bedürfnisse der Schüler durchgesetzt wird. Diese Form des Unterrichts führt dazu, dass Kinder eher als Objekte statt als Individuen mit eigenen Bedürfnissen wahrgenommen werden. “Die Kinder erleben keinen Austausch und keine Mitbestimmung”, sagt Klemm. Dieser Zustand führt seiner Meinung nach zu einer negativen Identifikation mit der Schule und mangelhafter Sozialisation.

Darüber hinaus mangelt es in solchen Bildungseinrichtungen an Zeit für Spaß und Gemeinschaft. „Das ist Schule in der schlimmsten Form. Für mich hat das keine Zukunft“, erklärt Klemm mit Nachdruck.

Die Struktur der Ganztagsschule

Im Gegensatz zu den Halbtagsschulen definiert sich Klemm’s Einrichtung als „voll gebundene Ganztagsschule“. Dies bedeutet, dass Schüler an mindestens drei Wochentagen mindestens sieben Stunden für schulische Angebote vor Ort sein müssen. Diese Form der Ganztagsschule soll Bildungsgerechtigkeit fördern, was in Bayern jedoch nur bei 1,3 Prozent der öffentlichen Realschulen realisiert wird. Die aktuellen Zahlen der Kultusministerkonferenz zeigen, dass zwar die Anzahl der Ganztagsschulen seit 2002 kontinuierlich gestiegen ist, jedoch die Mehrheit der Schulen offene Ganztagsschulen sind, bei denen Schüler nur nach Wunsch teilnehmen können. Klemm ist der Meinung, dass diese Offenheit nicht ausreicht, um Bildungsunterschiede auszugleichen.

„Offene Ganztagsschulen gleichen Bildungsunterschiede nicht aus“, betont er, und fügt hinzu, dass es notwendig ist, die Struktur von Ganztagsschulen grundlegend neu zu überdenken. In Ländern wie Kanada ist Ganztagsbildung eine Selbstverständlichkeit, wobei Aktivitäten nachmittags Teil des schulischen Alltags sind. In Deutschland hingegen bleibt das traditionelle Modell oft bestehen, ohne auf die neuen Lebensrealitäten der Schüler einzugehen.

Helmut Klemm sieht die Notwendigkeit, Ganztagsbildung nicht nur als eine weitere Variante von Halbtagsschulen zu betrachten. „Wir brauchen Ganztagsbildung, nicht Ganztagsbetreuung“, fordert er. Der Ansatz sollte sein, dass Schulen Orte des Miteinanderlernens und des Miteinanderlebens sind. Dies fördert ein Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit, was für die Schüler von großer Bedeutung ist.

Der Schulleiter bewertet das Schulklima an seiner Einrichtung als positiver und betont den Wert von Kooperationen mit externen Partnern, etwa von Musikvereinen oder Handwerksbetrieben, die Vielfalt und zusätzliche Lernmöglichkeiten bieten. „Schule wird nicht nur von Lehrern gemacht“, sagt Klemm und unterstreicht die Wichtigkeit eines vielseitigen Ansatzes in der Bildung. In Anbetracht des akuten Lehrkräftemangels gewinnen diese alternativen Lösungen weiter an Bedeutung.

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