Im Sommer 2023 sorgten erschreckende Bilder von gequälten Tieren im Schlachthof Aschaffenburg für einen massiven Tierschutzskandal, der die Region bis heute beschäftigt. Diese Vorfälle führten dazu, dass die Stadt Aschaffenburg als Eigentümerin des Geländes den Pachtvertrag mit der Betreibergesellschaft AB Schlachthof GmbH kündigte. Ein halbes Jahr nach Bekanntwerden des Skandals bleibt die Situation angespannt.

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Aktuell beschäftigt sich das Aschaffenburger Landgericht mit einer Räumungsklage. Im Mai 2024 empfahl die Richterin beiden Parteien, eine Kompromisslösung in Form eines neuen befristeten Pachtvertrags zu erarbeiten. Ziel dieser Lösung ist es, das Tierwohl zu verbessern und lange Transportwege für die Tiere zu vermeiden. Bisher konnte jedoch keine Einigung erzielt werden; ein Güterichter wird sich Ende Januar 2025 mit Vertretern der Stadt und der Schlachthof GmbH treffen. Sollte auch dieser Versuch scheitern, wird die 2. Zivilkammer des Landgerichts erneut in den Fall involviert.

Weitere Details zum Tierschutzskandal

Kontrollbehörden hatten bereits seit mehreren Jahren Tierschutzverstöße beim Schlachthof Aschaffenburg festgestellt, wie eine Anfrage der Grünen-Fraktion im Landtag an die Staatsregierung ergab. Von 36 Kontrollen seit 2018 wurden bei 11 Fällen Mängel festgestellt. Dies verdeutlicht gravierende Probleme wie die Nicht-Absonderung kranker und verletzter Tiere, die Überbelegung der Ställe sowie die unzureichende Futterversorgung. Paul Knoblach, Tierschutzsprecher der Landtags-Grünen, bezeichnete die Situation als „kriminelles System“ und fordert mehr Personal für die Kontrollen. Die Staatsanwaltschaft hat aufgrund der Vorfälle Ermittlungen eingeleitet.

Die Stadt plant außerdem, in Zusammenarbeit mit einer Interessengemeinschaft aus Landwirten und Metzgern, den Bau eines neuen Schlachthofs am Untermain. Dieses Projekt soll ein Kostenvolumen von über zehn Millionen Euro haben, wobei eine Standortfindung bereits angedacht ist. Ein potenzieller Standort wäre ein Kompostwerk außerhalb von Aschaffenburg in der Nähe der A3, um energetische Synergien zu nutzen. Die Interessengemeinschaft rechnet mit einer Schlachtkapazität von 1.000 bis 2.000 Tieren pro Woche. Für den Bau des neuen Schlachthofs ist jedoch Unterstützung der Politik sowie ein zügiges Genehmigungsverfahren unverzichtbar.

Die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Missstände im Schlachthof wurde durch vorliegende Videoaufnahmen der Tierschutzorganisation „Soko Tierschutz“ verstärkt. Diese zeigten die Misshandlungen von Tieren und trugen zur öffentlichen Empörung bei.

Die Stadt Aschaffenburg hat mit der Kündigung des alten Pachtvertrags, der bis 2029 läuft, und der eingereichten Räumungsklage drastische Schritte unternommen. Diese Entwicklungen haben einen umfassenden Dialog über Tierschutzpraktiken und deren Umsetzung in der Region angestoßen, wobei verstärkte Kontrollen und Maßnahmen als notwendig erachtet werden.

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Zusätzlich wurde seit 2019 eine neue Behörde zur Kontrolle komplexer Betriebe, die KBLV, gegründet, die dafür verantwortlich ist, engmaschig zu überwachen und Mängel rasch abzustellen. Trotz der seit 2018 festgestellten Mängel sind diese nach Einschätzung der Behörden jedoch nicht mit den schweren Verstößen aus dem Sommer 2023 vergleichbar.