Die historische Stadt Seligenstadt feiert das 75-jährige Jubiläum des ersten Löffeltrunks der Nachkriegszeit, als eine amerikanische Delegation unter der Führung von Norman Harvey Collisson im März 1949 eintraf. Collisson, als Dirigent des Amtes für Wirtschaftsfragen im US-Hochkommissariat in Deutschland tätig, war der Chefunterhändler des Marshallplans, der darauf abzielte, den wirtschaftlichen Wiederaufbau Westeuropas zu unterstützen.
Collisson empfing eine ehrenvolle Zeremonie des Löffeltrunks in Seligenstadt und lobte das Zusammenspiel von Geschäft und Vergnügen. Er schlug vor, dass amerikanische Städte diesem Beispiel folgen sollten. Dieser Besuch markierte den Beginn einer Reihe von Veranstaltungen zur Förderung des „European Recovery Program (ERP)“, welches nach dem US-Außenminister George C. Marshall benannt wurde. Die Währungsreform von 1948 und die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Frankfurt unterstützten dabei den wirtschaftlichen Aufschwung in Westdeutschland.
Die USA erhofften sich mit dem Marshallplan eine Beschleunigung des Wiederaufbaus, um den Einfluss der sowjetischen Union einzudämmen. Der Beginn des Kalten Krieges und die Etablierung des „Eisernen Vorhangs“ deuteten auf eine polarisierte globale Landschaft hin. Der Marshallplan wurde ein Begriff für Wiederaufbauprogramme weltweit, die bis heute Anwendung finden, darunter in Afrika und der Ukraine.
Collisson nahm an einem kulturellen Programm in Seligenstadt teil. Dies beinhaltete eine Besichtigung historischer Stätten und endete mit dem „Löffeltrunk“. Dieser symbolische Akt, bei dem der Gast einen Liter Wein aus einem Löffel trinken musste, war eine alte Tradition, die nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals im Löffelbuch festgehalten wurde. Der prächtige Löffel wurde zum Symbol der Stadt und kehrte nach einer Reise nach Bayreuth schließlich im Jahr 2005 nach Seligenstadt zurück.