Die Deutsche Bahn hat nur noch begrenzte Kontrolle über die Bahnhöfe in Deutschland, was zu einem besorgniserregenden Verfall vieler Empfangsgebäude führt. Von den etwa 2.900 Bahnhofshallen gehören weniger als ein Viertel der Deutschen Bahn. Über 55 Prozent sind im Besitz privater Eigentümer, während mehr als 20 Prozent den Kommunen gehören. Diese Situation ist besonders gravierend in Ostdeutschland, wo in Mecklenburg-Vorpommern über 80 Prozent der Bahnhöfe privat besessen werden. Die Konsequenz: Viele Bahnhofsgebäude werden heute inaktiv genutzt und verfallen zunehmend.

Der Trend zu privatwirtschaftlichem Eigentum an Bahnhöfen kam in den 2000er- und 2010er-Jahren auf, als viele Gebäude an kommunale oder private Käufer verkauft wurden. In Berlin z. B. befinden sich nahezu alle 100 Bahnhöfe im Besitz der Deutschen Bahn oder des Bundes, während in anderen Regionen die Zunahme privater Eigentümerschaft selbst mehr als 100 Bahnhofshallen umfasst. Die Deutsche Bahn besitzt mittlerweile nur noch rund 700 Empfangsgebäude und hat den Verkauf dieser Immobilien eingestellt. Die Sanierung von 200 dieser Gebäude ist bis 2027 geplant, doch Rückkäufe sind nicht vorgesehen.

Herausforderungen für private Eigentümer

Private Eigentümer sehen sich oft mit der Herausforderung konfrontiert, dass sie ihre Bahnhofsgebäude nicht für den Schienenverkehr nutzen. Stattdessen werden die meisten Gebäude für kommerzielle Zwecke genutzt oder einfach dem Verfall überlassen. Ein Beispiel ist der Bahnhof Malchow in Mecklenburg-Vorpommern, der seit Jahren außer Betrieb ist. Um die Nutzung der Bahnhöfe zu fördern, fordert die Allianz pro Schiene verstärkt Anreize für private und kommunale Eigentümer, die Gebäude für den Schienenverkehr zu erhalten oder zu renovieren. Verbandsgeschäftsführer Dirk Flege hebt die Notwendigkeit attraktiver Empfangsgebäude für Reisende hervor und betont, dass positive Impulse für Kommunen und Eigentümer erforderlich sind.

Die Allianz pro Schiene fordert zudem eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Privateigentümern. Ziel dieser Zusammenarbeit sollte es sein, ungenutzte und sanierungsbedürftige Bahnhofsgebäude wieder für Reisende zugänglich zu machen. Ein Vorschlag hierzu ist die Erweiterung der Städtebauförderung, um Privateigentümer stärker zu unterstützen, da viele von ihnen überfordert sind mit der Entwicklung tragfähiger Nutzungskonzepte.

Wichtige Initiativen und Unterstützung vor Ort

Ein weiteres Beispiel für die Unterstützung der Eigentümer ist die „Kompetenzstelle Bahnhof“ des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg, die hilft, die Gebäude nachhaltig zu entwickeln. Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es mit der Bahnflächen-Entwicklungsgesellschaft einen Ansprechpartner, der Eigentümern Informationen und Unterstützung bietet, um die Bahnhöfe bestmöglich zu revitalisieren und erneut für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Die DB InfraGO AG soll ebenfalls dazu beitragen, Bahnhöfe wieder in den öffentlichen Blick zu rücken.

Insgesamt ist die Situation der Bahnhofsgebäude in Deutschland eine Herausforderung, die langfristige Lösungen erfordert. Der öffentliche und private Sektor sind gleichermaßen gefragt, um die über 80 Prozent der Bahnhofsgebäude in privater Hand vor dem Verfall zu bewahren und attraktiver für die Fahrgäste zu gestalten. Initiativen wie die von der Allianz pro Schiene bieten erste Ansätze, um diese Herausforderungen zusammen anzugehen.

Quellen: Remszeitung, Allianz pro Schiene, Tagesspiegel.