Frühere Versorgung von Kindern könnte das Überleben der modernen Menschen gegenüber den Neandertalern erklären

Die Forscherinnen Laura Limmer, Dr. Sireen El Zaatari und Professorin Katerina Harvati vom Institut für Naturwissenschaftliche Archäologie der Universität Tübingen führten eine Studie durch, die in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht wurde. Sie untersuchten 867 Zähne von Neandertalern und modernen Menschen aus der Jüngeren Altsteinzeit von verschiedenen archäologischen Stätten im westlichen Eurasien. Die Zähne, sowohl Milchzähne als auch bleibende Zähne, erlauben Einblicke in die Kindheit der Menschen, da Infektionen, Krankheiten oder Ernährungsmängel zu Fehlbildungen im Zahnschmelz führen.

Die Studie ergab, dass sowohl Neandertaler als auch moderne Menschen Belastungen in ihrer frühen Kindheit ausgesetzt waren. Jedoch zeigte sich eine unterschiedliche Verteilung von Zahnschmelzdefekten in Bezug auf die Entwicklungsphasen der Kinder. Bei modernen Menschen traten die Schmelzdefekte während der Abstillperiode auf, während Neandertaler eine Spitzenbelastung durch physischen Stress nach dieser Zeit aufwiesen. Die Forscherinnen vermuten, dass moderne Menschen möglicherweise bessere Strategien hatten, um die Belastungen für ihre Kinder während schwieriger Phasen zu verringern.

Es wird angenommen, dass die Abstillperiode in der Altsteinzeit Stress für Kinder verursachte, da der steigende Energiebedarf im Wachstum mit einem höheren Risiko von Mangelernährung zusammenfiel. Die modernen Menschen könnten durch längeren Schutz und bessere Ernährung ihrer Kinder in dieser Phase Vorteile gehabt haben, was möglicherweise dazu beitrug, dass sie überlebten, während die Neandertaler ausstarben. Diese Erkenntnisse werfen auch ein neues Licht auf die Annahme, dass die Neandertaler aufgrund rauer Klimabedingungen gescheitert seien, da über einen bestimmten Zeitraum sowohl Neandertaler als auch moderne Menschen den gleichen Umweltbedingungen ausgesetzt waren.