Am 19. März 2025 wurde Ekrem Imamoglu, der Bürgermeister von Istanbul und bedeutender Kontrahent von Staatschef Recep Tayyip Erdogan, verhaftet. Diese festnahme geschah kurz vor seiner erwarteten Ernennung zum Präsidentschaftskandidaten der größten Oppositionspartei in der Türkei. Das Umfeld Imamoglus bestätigte die Verhaftung und lieferte damit die ersten Informationen über den Vorfall. Dies ist nicht nur ein persönlicher Rückschlag für Imamoglu, sondern könnte auch schwerwiegende politische Auswirkungen für die Türkei insgesamt haben.
Die Verhaftung fiel zeitlich zusammen mit einer viertägigen Sperre für Demonstrationen, Versammlungen und den Medien, die vom Büro des Gouverneurs der Provinz Istanbul verhängt wurde. Solche Maßnahmen zeigen die Kritik an der politischen Kontrolle über die Justiz in der Türkei, die laut vielen Experten zunehmend personalisiert und politisiert wurde, um unerwünschte Opposition zu unterdrücken, wie auch die Bundeszentrale für politische Bildung aufzeigt.
In einem Video, das er auf der Plattform X veröffentlichte, äußerte Imamoglu, dass Hunderte von Polizisten vor seiner Haustür positioniert seien. Er sprach von einer „großen Tyrannei“ und versicherte, dass er nicht aufgeben werde. Diese Äußerungen sind Ausdruck des zunehmenden Drucks, dem die Opposition in der Türkei ausgesetzt ist, insbesondere angesichts des durch wachsende Repressionen gekennzeichneten politischen Klimas. Das macht die Situation von Imamoglu exemplarisch für die Herausforderungen, mit denen viele Oppositionspolitiker konfrontiert sind.
Fernsehsender berichteten zudem, dass die Polizei Zutritt zu Imamoglus Anwesen verschafft und das Gebäude durchsucht habe. Dies hat zusätzlich zu den Spannungen in der Türkei beigetragen, da die Opposition befürchtet, dass rechtlich dubiose Maßnahmen ergriffen werden, um den politischen Wettbewerb zu unterdrücken. Besonders alarmierend ist die Annullierung von Imamoglus Hochschulabschluss durch die Istanbul-Universität, die als Voraussetzung für seine Kandidatur gilt.
Wachsende politische Spannungen
Die Entscheidung zur Aberkennung des Abschlusses könnte Imamoglu daran hindern, an der Wahl 2028 teilzunehmen. Der Grund für die Aberkennung hängt mit einem mutmaßlich unrechtmäßigen Wechsel zwischen Universitäten zusammen. Imamoglu hat angekündigt, gegen diese Entscheidung vor Gericht zu ziehen, äußert jedoch Zweifel an der Fairness der Urteile, was im aktuellen politischen Kontext nicht verwunderlich ist, da die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei stark in Frage gestellt wird. Der Vorsitzende der CHP, Özgür Özel, bezeichnete diese Entscheidung als politisch motiviert.
Imamoglu drohen nicht nur juristische Auseinandersetzungen, sondern auch in weiteren Verfahren mögliche Haftstrafen und Politikverbote. Sein Anwalt, Kemal Polat, verdeutlichte, dass Imamoglu erst als Präsidentschaftskandidat antreten könne, wenn alle Rechtswege ausgeschöpft seien.
Diese Situation zeigt ein Muster, das in den letzten Jahren in der Türkei immer häufiger aufgetreten ist und das die Justiz als Instrument der politischen Kontrolle beschreibt. Die Berichte der bpb dokumentieren zahlreiche Fälle, in denen die Justiz instrumentalisiert wurde, um politische Gegner zu verfolgen. Von der Verhaftung prominenter Journalisten bis hin zu politischen Auseinandersetzungen, die in Gerichtsverfahren mündeten, zeigt sich ein einheitliches Bild: Die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei ist stark gefährdet, und die aktuelle Verhaftung von Imamoglu könnte der nächste Schritt in einer langen Reihe von politischen Repressionen sein.