Am 30. Januar 2025 wurde Ahmed al-Sharaa zum Übergangspräsidenten Syriens ernannt, fast zwei Monate nach dem Sturz von Bashar al-Assad. Diese Ernennung wurde von der syrischen Staatsnachrichtenagentur SANA während eines hochrangigen Treffens in Damaskus bekannt gegeben. Al-Sharaa, früher bekannt als Abu Mohammed al-Julani, führte die sunnitisch-islamistische Organisation Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die eine bedeutende Rolle bei der Offensive gegen Assad spielte. Durch seine neue Position hat al-Sharaa die Aufgabe, einen vorübergehenden Legislativrat zu bilden, der bis zur Annahme einer neuen Verfassung tätig sein wird. Die alte syrische Verfassung und die Baath-Partei, die über 60 Jahre an der Macht war, wurden ebenfalls aufgelöst, was einen markanten Bruch mit der Vergangenheit darstellt.

Die Entscheidung zur Auflösung aller militärischen Fraktionen, einschließlich der syrischen Armee und der Sicherheitskräfte, könnte als Versuch gewertet werden, eine neue politische Ordnung in Syrien zu etablieren. Al-Sharaa hat betont, dass die Organisation von Wahlen bis zu vier Jahre dauern könnte, während die Ausarbeitung einer neuen Verfassung bis zu drei Jahre in Anspruch nehmen wird. Eine umfassende Volkszählung ist notwendig, um die Zahl der wahlberechtigten Bürger festzustellen. Dieses Vorgehen spiegelt das komplexe und zersplitterte politische Umfeld wider, das Syrien nach über einem Jahrzehnt Bürgerkrieg durchlebt.

Herausforderungen des Machtwechsels

Die Ernennung al-Sharaas und die Auflösung der Baath-Partei sind nicht ohne Herausforderungen. Viele Syrerinnen und Syrer sehen in diesem Machtwechsel die Möglichkeit eines Neubeginns, stehen jedoch vor der Realität einer politisch gespaltenen Nation. Auch die ehemaligen Mitglieder der Baath-Partei sind in den Untergrund gegangen oder haben das Land verlassen, nachdem ihr Regime zusammengebrochen ist. Al-Sharaa hat angegeben, dass die ehemaligen Parteizentralen in Damaskus nun als Registrierungszentren für ehemalige Mitglieder der Armee und Sicherheitskräfte dienen sollen, wo sie auch ihre Waffen abgeben können.

Die neue Regierung, die al-Sharaa ernannt hat, umfasst Schlüsselpositionen, einschließlich:

  • Premierminister: Mohammed al-Baschir, ehemaliger Minister für humanitäre Angelegenheiten
  • Verteidigungsminister: Murhaf Abu Kasra, bisheriger Militärchef der HTS
  • Zentralbankchefin: Maysaa Sabrine, zuvor Vizegouverneurin
  • Gouverneurin der Provinz Suwaida: Muhsina al-Mahithaui, erste Frau in diesem Amt, gehört der drusischen Minderheit an

In den letzten Wochen hat al-Sharaa Gespräche mit ausländischen Führungspersönlichkeiten, darunter auch der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, geführt. Die Europäische Union diskutiert die Aufhebung bestimmter Sanktionen gegen Syrien, um die Stabilität in Damaskus zu fördern. Diese Sanktionen, die seit 2011 bestehen, haben den Zugang Syriens zu Kapitalmärkten und Handelsumsätzen erheblich eingeschränkt.

Der Weg nach vorne

Al-Sharaa und seine Regierung betonen, dass die Lösung der Frage der Sanktionen entscheidend für die Zukunft Syriens ist. Ungleichzeitig gibt es Bedenken hinsichtlich des Einflusses der Islamisten, insbesondere in Bezug auf ethnische und religiöse Minderheiten innerhalb des Landes. Politikwissenschaftler haben auf die Herausforderungen hingewiesen, die al-Sharaa gegenübersteht, besonders im Umgang mit ehemaligen Beamten des Assad-Regimes und der Notwendigkeit signifikanten Reformen.

Al Jazeera berichtet, dass die neue Administration vor einem langen und steinigen Weg steht. Die Kontrolle über Tausende von IS-Anhängern, die derzeit in Syrien in Haft sitzen, ist ebenfalls eine Herausforderung, die die Türkei an die neue Regierung herantragen möchte. Es bleibt abzuwarten, inwiefern al-Sharaa seine versprochenen Reformen in die Tat umsetzen kann.