In einer alarmierenden Umfrage unter Beschäftigten von Universitätskliniken in Baden-Württemberg wird deutlich, dass sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz weit verbreitet ist. Die Umfrage, an der fast 10.000 Mitarbeiter der Unikliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm teilnahmen, zeigt, dass über 71% der Befragten mindestens einmal in ihrem Berufsleben Belästigung erlebt haben. Besonders betroffen sind Frauen, wobei ein Drittel der Teilnehmer angibt, innerhalb des letzten Jahres belästigt worden zu sein. Diese erschreckenden Ergebnisse regten die vier Unikliniken zu einer gemeinsamen Kampagne an, um gegen sexualisierte Belästigung vorzugehen.

Bereits heute berichten in Freiburg etwa drei Viertel der 2.500 Befragten von mindestens einem Vorfall im Berufsleben. Die häufigsten Täter sind Männer, sowohl Kollegen als auch Patienten. Verbal sexuelle Belästigung, einschließlich abwertender Kommentare und Witze, stellt die häufigste Form dar. Besonders besorgniserregend ist, dass über 70% der Pflegekräfte angaben, von Patientinnen und Patienten belästigt worden zu sein. Frederick Wenz, der Leitende Ärztliche Direktor der Uniklinik Freiburg, betont die Verantwortung des Arbeitgebers, ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen.

Die Kampagne gegen sexualisierte Belästigung

Die vier Unikliniken haben eine umfassende Kampagne ins Leben gerufen, die darauf abzielt, alle Formen von sexualisierter Belästigung zu bekämpfen. Ein zentrales Element dieser Initiative ist die Sensibilisierung für grenzüberschreitendes Verhalten. Angelika Zimmer, Beauftragte für Chancengleichheit, erklärt, dass Betroffene Anspruch auf Unterstützung haben. Um Informationen bereitzustellen, wird eine gemeinsame Landing-Page für alle Mitarbeiter eingerichtet. Dies soll den Zugang zu Hilfsangeboten, anonymen Hotlines und Online-Ressourcen erleichtern.

Die Umfrage aus dem Jahr 2022, die die Grundlage für diese Kampagne bildet, wurde unter Leitung von Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm, durchgeführt. Ziel war es, die Bedeutung von sexualisierter Belästigung am Arbeitsplatz zu thematisieren und den Handlungsbedarf zu ermitteln. Fast 10% der Beschäftigten gaben an, in den letzten drei Jahren Belästigung erlebt zu haben, wobei 53% der Vorfälle von Dritten, wie beispielsweise Patienten, ausgingen.

Die Auswirkungen und der gesamtgesellschaftliche Kontext

Sexualisierte Belästigung hat ernsthafte Folgen für die Betroffenen. Psychologische Belastungen, ein geringes Selbstwertgefühl und eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung sind häufige Konsequenzen. Frauen sind hierbei besonders betroffen, was auch in der Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes belegt wird. Diese zeigt, dass 13% der befragten Frauen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren haben, während es bei den Männern nur 5% waren. Die häufigsten Formen der Belästigung sind verbale Übergriffe, gefolgt von nicht gewünschten Blicken und Berührungen.

Ein klimatisierter Respekt am Arbeitsplatz wird gefordert, um sexualisierte Belästigung keine Chance zu geben. Es ist wichtig, dass Arbeitgeber gesetzliche Vorgaben einhalten, die die Einrichtung betriebsinterner Beschwerdestellen für Diskriminierung und sexuelle Belästigung vorschreiben. Trotz der bestehenden Gesetze wissen viele Angestellte nicht, wo sie Hilfe suchen können. Nur 4% der Betroffenen suchten Unterstützung bei Beratungsstellen, während die Mehrheit sich an Kollegen oder Vorgesetzte wandte.

Die umfassende Kampagne der vier baden-württembergischen Unikliniken ist ein wichtiger Schritt, um sexualisierter Belästigung entgegenzuwirken und ein sicheres Arbeitsumfeld für alle Beschäftigten zu schaffen. Die Initiativen sollen nicht nur sensibilisieren, sondern auch konkrete Handlungsmöglichkeiten anbieten, um Betroffenen den Zugang zu Hilfe und Unterstützung zu erleichtern.

Die Entwicklungen in den Universitätskliniken von Baden-Württemberg zeigen, wie notwendig und drängend das Thema sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz ist. Obwohl die Zahlen alarmierend sind, könnte eine fundierte und engagierte Kampagne dazu beitragen, dass diese Problematik in Zukunft weniger tabuisiert und besser angegangen wird.

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